Wo Regionalität greifbar ist

Die Albmetzgerei Failenschmid nutzt die einmaligen Ressourcen der Schwäbischen Alb. Fast alle Zutaten und Rohstoffe für ihre Produkte stammen aus der nächsten Umgebung – darunter auch der Albbüffel.

Tradition ist eine der großen Stärken des Metzgerhandwerks. Doch ohne Innovation führt Tradition zur Erstarrung. Einer, der Tradition und Innovation meisterhaft in Einklang bringt, ist Ludwig Failenschmid aus Gächingen (St. Johann), mitten auf der Schwäbischen Alb. Sein handwerkliches Können und sein Engagement wurden mehrfach vom „Feinschmecker Magazin“ ausgezeichnet. Zum Beispiel punktet er mit einem wohl einmaligen Angebot vom Albbüffel – er schlachtet und verarbeitet Wasserbüffel, die fast wild direkt auf der Schwäbischen Alb gehalten werden.
Auch die Spezialitäten vom Alblinsenschwein gibt es nur in seiner Albmetzgerei: Das Futter der Bio-Schweine besteht zu einem Teil aus eiweißreichem Linsenschrot. Das fällt bei der Verarbeitung der regional angebauten „Alb-Laisa“ an und erfährt so eine nachhaltige Verwendung.

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Einladend präsentiert sich das umfangreiche Sortiment im neu gestaltenen Ladengeschäft. Nicht nur die Wurst- und Schinkenspezialitäten machen den Kunden Appetit.

Schinken wie aus Parma

Besonders stolz ist Failenschmid aber auf seine Schinken- und Salamiprodukte. Die klassische Art der Herstellung, vom Vater und vom Großvater gelernt, hat er auf ein neues Level gehoben und die Kunst der oberitalienischen Schinken- und Salamiproduktion auf deutsche Verhältnisse übertragen: Seine Schinken sind luftgetrocknet und reifen bis zu zwölf Monate. Vier Tonnen Schinken in zahlreichen Varianten produziert der Albmetzger auf diese Weise im Jahr. „Zwölf Monate – mein Vater hätte mich für verrückt erklärt“, lacht er. „Ich habe das vielleicht ja auch ein bisschen auf die Spitze getrieben. Aber das Ergebnis sind Produkte, die mit den besten Parmaschinken mithalten können.“ Unter anderem der luftgetrocknete Albschinken, der Rohschinken vom Alblinsenschwein, der luftgetrocknete Albbüffelschinken oder eine
„Coppa di Biosphäre“ zeugen von seinem meisterhaften Können. „Ich hatte das große Glück, dass ich nach meiner Lehrzeit ins Ausland konnte. Ich war viel in der Welt unterwegs, auch länger in der Gegend um Parma“ erzählt der Experte. Dort habe er sich vieles abgeschaut. Auch bei der Salami hat sich der Aufenthalt in Italien auf die Herstellung seiner Produkte ausgewirkt. Allerdings ist die Wurst hier deutlich magerer als das italienische Vorbild.
Die Rohwürste mit Namen wie St. Georg Salami oder Scharfer Büffel erhalten ebenfalls viel Zeit zum Reifen in der Klimakammer. Zuvor werden sie je nach Sorte sanft geräuchert oder trocknen an der Luft. In der Produktion setzen heute zwei langjährige Mitarbeiter als Spezialisten für Schinken und Rohwurst die Erfahrungen und anspruchsvollen Vorgaben ihres Chefs minutiös und mit feinem Gespür um.

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Gekonntes Marketing: Die auffällig gestalteten Einkaufstüten aus Papier sorgen für Aufmerksamkeit. Rechts: Albbüffel gibt es auch in der Dose, und das in großer Vielfalt.

Mit Kräutern von der Alb

Der ist dennoch weiterhin aktiv, kreiert und testet Neues: „Ich bin ein großer Fan der modernen, porösen Stoffdärme“, erklärt er. „Im vergangenen Jahr haben wir eine luftgetrocknete Salami mit Minze im Bio-Darm produziert – die habe ich nach einem Gespräch mit einem Schweizer Kollegen entwickelt.“ Das „Minzli“ erhielten Kunden dann als kulinarische Weihnachtsüberraschung.
In der Albmetzgerei werden Nachhaltigkeit, Regionalität und Tradition von jeher gelebt. „Die Natur hier gehört zu uns und liefert unsere Rohstoffe“, sagt Failenschmid. „Bei uns war Regionalität schon immer ein wichtiger Faktor. Mittlerweile haben wir ein großes Potenzial an tollen Zutaten von regionalen Lieferanten.“ Dazu gehören zum Beispiel eine Biokäserei, ein Champignonzüchter, ein Produzent von Biogewürzen oder seine „Albkräuterdamen“, die für das würzige Grün sorgen. Das unter anderem vom Land Baden-Württemberg und der Unesco geförderte Naturschutzreservat „Biosphärengebiet Schwäbische Alb“ hat seit 2009 viele Initiativen hervorgebracht und gefördert. Damit hat es auch die Rohstoffversorgung für die Metzgerei deutlich verbessert – und zahlreiche Besucher und Urlauber zu neuen Kunden gemacht.

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Die Wasserbüffel auf der Alb – hier mit Züchter Willi Wolf – dienen der Landschaftspflege. Ludwig Failenschmid verarbeitet ihr Fleisch zu schmackhaften Spezialitäten.

Sicherheit in der Krise

„Wir profitieren vom derzeitigen Trend zur regionalen Herkunft und zur Hochwertigkeit“ weiß Failenschmid, der sich mit seinem Angebot bewusst in einem hochpreisigen Bereich bewegt. Die Corona-Krise habe dem einen richtigen Schub gegeben. „Die Menschen suchen Sicherheit, und die sehen sie bei einer Versorgung aus der Nähe am ehesten gegeben.“ Im Schnitt um zwölf Prozent sei der Umsatz gestiegen und bleibe immer noch auf diesem Level. Viele Neukunden sind hinzugekommen: „Sie haben den Geschmack und die Qualität unserer Produkte kennengelernt und werden diese nicht mehr missen wollen.“ Der Webshop der Metzgerei zeigt ebenfalls einen gewaltigen Umsatzsprung. Hier sind insbesondere die Konserven der Fleischerei sehr gefragt: „Diese Produkte sind alle sehr hochwertig und handwerklich hergestellt“, so Failenschmid. „Für das Kalbsgulasch etwa kochen wir unseren eigenen
Fond mit Knochen und viel Gemüse. Dazu kommen Champignons und Wein aus der Region: Das schmeckt man einfach.“

Der regionale Bezug trifft selbstverständlich auch auf den Rohstoff Fleisch zu. Rind, Schwein und Lamm stammen von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben rund um den Produktionsstandort, ein Netzwerk, das zum Teil schon seit Jahrzehnten existiert. „Wir schlachten selbst und holen die Tiere direkt beim Bauern ab. Unser Mitarbeiter ist jede Woche zwei- bis dreimal in den Ställen. Er sieht, wie die Tiere gehalten werden, welches Futter sie erhalten und wo dieses Futter herkommt.“

Qualitätsfaktor Schlachtung

Ein wichtiger Faktor ist zudem der kurze Transport zum Schlachthaus. Rinder bleiben danach einen Tag, Schweine bis zu zwei Tage in der Ruhebox. „Das verringert den Stress und sorgt dafür, dass der beim Transport verloren gegangene Muskelzucker wieder aufgebaut wird“, so der Metzgermeister. Das garantiere beste Fleisch- und Verarbeitungsqualität.
Erfolgreich sei sein Unternehmen vor allem durch seine Mitarbeiter, erklärt der Chef. Insgesamt 110 Angestellte sowie 50 Aushilfen haben gut zu tun, denn neben der Metzgerei gibt es einen großen Catering-Bereich sowie den „Gasthof Hirsch“ unter Regie von Failenschmids Frau Katja.

Die Speisekarte hier ist schwäbisch-pfiffig, die 150 Plätze am Wochenende sind fast immer ausgebucht. Failenschmids Herz allerdings hängt an der Metzgerei. Zum Stammhaus und einer bestehenden Filiale hat er vier weitere Ladengeschäfte hinzugefügt. Aushängeschild ist zweifellos das nur 19 Quadratmeter große „Lädle“ in der renommierten Stuttgarter Markthalle. Es liegt zwar 50 Kilometer entfernt und sei eine kostspielige Investition gewesen, sagt er.
Doch es lohnt sich: Es zahlt kräftig ein auf das Image der Marke Failenschmid und bringt – nicht nur am Wochenende – zahlreiche Besucher von Stuttgart auf die Alb und in die Albmetzgerei.

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Einmalige Spezialitäten vom Albbüffel

Der Albbüffel fühlt sich offensichtlich wohl im Schwäbischen: Im Jahr 2005 holte Züchter Willi Wolf die erste Herde von halbwilden Wasserbüffeln aus Rumänien und siedelte sie auf der Schwäbischen Alb an. Sie sollten in dem geschützten Biosphärengebiet vor allem der Landschaftspflege dienen, denn ohne Beweidung bleiben die typischen Landschaftselemente der Schwäbischen Alb wie Kräuterwiesen und Wacholderheiden nicht erhalten. Die robusten, mächtigen Tiere, die eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu drei Metern erreichen können, gedeihen seither prächtig in ihrer neuen Heimat. Dort waren sie übrigens vor 300.000 Jahren schon einmal anzutreffen: Funde aus Steinheim an der Murr lassen diesen Schluss zu.

Im Lauf weniger Jahre gelang es, den Albbüffel zu einer hochwertigen Marke zu entwickeln. Bald gesellte sich ein zweiter Büffelhalter und Käseproduzent dazu, der mittlerweile Biokäse aus Büffelmilch produziert. Als Dritter im Bunde sorgt Metzgermeister Ludwig Failenschmid für die Verarbeitung des Fleischs. Gemeinsam ist es den an dem Projekt Beteiligten gelungen, für die unterschiedlichen Produkte vom Albbüffel – dazu gehören zum Beispiel auch Ledergürtel – zahlungsbereite Kunden zu finden. Das geschieht unter anderem auch über den Online-Verkauf.

Skizze eines Albbüffel mit beschrifteten Teilstücken

© Albmetzgerei Failenschmid

Premium-Produkte in Bio-Qualität

Das Fleisch des Albbüffels ist feinfasrig und zart, sagt Albmetzger Ludwig Failenschmid. Es hat einen kräftigen, aber nicht aufdringlichen Geschmack. Von Natur aus fettarm, ist es reich an Vitaminen und Omega-3-Fettsäuren. Zudem enthält es mehr Protein, aber nur etwa halb so viel Cholesterin wie Rindfleisch – Eigenschaften, die all diejenigen begrüßen, die auf ihre Ernährung achten und dabei nach Genuss suchen. Die Metzgerei stellt aus dem Wasserbüffelfleisch hochwertige Produkte für Feinschmecker her. Zum Einsatz kommen dabei, so Failenschmid, nur natürliche Zutaten, beispielsweise auch Bio-Kräuter von der Alb. Auf Geschmacksverstärker und Glutamat verzichtet er ganz. Das Ergebnis sind Premiumprodukte in Bio-Qualität, darunter etwa der luftgetrocknete Schinken mit Albkräutern, Rohwürstchen wie die „Albbüffel Wurzl“, der salamiartige „Scharfe Büffel“ oder Jagdwurst aus der Albbüffelkeule sowie verschiedene Albbfüffelgerichte in der Dose als fertige Mahlzeiten. Auch die typisch schwäbischen Maultaschen fehlen nicht: im Miniformat kommen sie als hausgemachte „Albbüffel Göschle“ daher. Sämtliche Spezialitäten bietet natürlich auch der zur Metzgerei gehörende Gasthof Hirsch unter der Regie von Failenschmids Ehefrau Katja an – hier können die Gäste sogar in einer eigenen „Albbüffel-Stube“ ihre Mahlzeiten genießen.

www.failenschmid.de

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