Ganz nah dran

Herbert Dohrmann in Bremen bringt Kunden seinen Qualitätsanspruch mit Aktionen nahe. Nachvollziehbare Herkunft, kurze Wege und der enge Kontakt mit den Landwirten sind ihm wichtig.

Spät ist es geworden an diesem Sonntagabend. Erst jetzt findet Herbert Dohrmann Zeit für einen kurzen Schnack mit Freunden. Zuvor ist er den ganzen Tag über im Einsatz gewesen: Das traditionelle Hoffest in Bremen-Grohn, im Produktionsbereich seiner Fleischerei, hat wieder weit mehr als tausend Besucher angezogen. Die ließen es sich gut gehen: bei „BBQ satt“, Kaffee und Kuchen, Live-Musik, Wein und Bier. „Viele nutzen die Gelegenheit, mal ganz nah dran zu sein an der Produktion und sich darüber zu informieren, was dort stattfindet“, sagt der engagierte Fleischermeister aus dem Norden Bremens.

©Reinhard Rosendahl: Neben Fleisch und Wurst bietet die Theke ein ausgewähltes Sortiment an Salaten und Käsespezialitäten. Einen eigenen Bistro-Bereich gibt es in zwei Filialen.

© Reinhard Rosendahl: Neben Fleisch und Wurst bietet die Theke ein ausgewähltes Sortiment an Salaten und Käsespezialitäten. Einen eigenen Bistro-Bereich gibt es in zwei Filialen.

Wertvolles Lebensmittel

Der Chef und sein Team haben heute rund zweihundert Besucher in jeweils einstündigen Führungen durch die Produktion begleitet und sie erleben lassen, wie Bratwürste hergestellt werden: Vom Wareneingang über den Zerlegetisch bis zum Füller waren sie dabei, zum Abschluss gab’s die Wurst dann frisch vom Grill. „Viele ältere Menschen, die das alles von früher kennen, freuen sich, Altbekanntes wiederzuentdecken“, sagt Dohrmann. „Damals gab es hier noch in jeder zweiten Straße einen Metzger. Aber es kommen auch viele junge Leute. Die meisten wissen ja gar nicht mehr, wie eine Wurst entsteht, und finden es ausgesprochen interessant, das einmal hautnah und Schritt für Schritt verfolgen zu können.“ Sie erfahren dabei auch – und das ist Herbert Dohrmann ganz besonders wichtig –, welch hohen Wert ein Lebensmittel hat, für das ein Tier sein Leben lassen musste, und wie sorgfältig und wertschätzend das Produkt hergestellt wird. In diesem Jahr wurde beim Hoffest ein Strohschwein zerlegt und verarbeitet – für den Fleischermeister die Gelegenheit, sein neues Strohschwein-Programm vorzustellen. Mehr als ein Jahr Vorbereitungszeit hatte es gedauert, bis er dies endlich in die Realität umsetzen konnte. Es war nicht einfach, einen Landwirt für ein solches gemeinsames Projekt zu gewinnen, berichtet er. Als die Voraussetzungen für die tiergerechtere Haltungsform geschaffen waren, folgte eine Phase des Prüfens und Probierens – und jetzt ist sich Dohrmann sicher, dass er seine Kunden mit den Produkten vom Strohschwein überzeugen kann. „Wir alle in der Branche wissen mittlerweile, dass wir an dem Thema Tierwohl nicht vorbeikommen. Immer mehr Menschen – und gerade unsere Kunden gehören dazu – kritisieren die normale Schweinehaltung. Bei der alternativen Haltungsform auf Stroh haben die Tiere mehr als doppelt so viel Platz und sie sind viel in Bewegung.“ Bei der Zerlegung im Rahmen des Hoffestes konnte der Metzgermeister den interessierten Besuchern in der Produktion zum Beispiel auch zeigen, dass ein Kotelett vom Strohschwein mehr Fett hat – und erklären, warum das so ist.

Angerichtete Platte verschiedenen Formen von Spießen mit Hähnchen
Fertige Gerichte wie Nudeln, Salate und Kartoffelgerichte in der Auslage der Metzgerei Dohrmann

© Reinhard Rosendahl: Neun Köche sorgen für ein großes Angebot in Sachen Convenience, Mittagstisch und Partyservice. Allein mittags sind fünf Auslieferungswagen im Einsatz.

Nachvollziehbare Herkunft

Hochwertiges Fleisch ist eine der großen Stärken von „Dohrmann’s Fleischerei und Partyservice“ – rund 50 Prozent des Umsatzes macht das Unternehmen damit. Die Fleischerei setzt schon seit Jahren auf Färsen und Ochsen aus Weidehaltung, auf nachvollziehbare Herkunft und kurze Wege. Wichtig ist ihm ein enger Kontakt zu den Landwirten. Die Zerlegung der Tiere im eigenen Betrieb ermöglicht ihm Zuschnitte nach Wunsch, auch die Reifedauer kann der Fleischexperte selbst bestimmen. Das Strohschwein-Programm ist ein weiterer Baustein in diesem Konzept. Das Ergebnis aller Bemühungen: Qualität, der die Kunden vertrauen und die sie bis in die benachbarte Landwirtschaft hinein nachvollziehen können. Der nachhaltige Qualitätsanspruch kommt natürlich auch im Verkaufsgespräch zum tragen. Um seine Mitarbeiterinnen im Verkauf in das Strohschwein-Konzept einzubinden, organisierte der Chef für sie eigens einen Ausflug zum Landwirt samt Führung durch die Ställe.

Fleischer in weißer Arbeitskleidung hält ein Stück Fleisch an einem Haken

© Reinhard Rosendahl: Nachvollziehbare Herkunft, kurze Wege: Das alles steht bei den Kunden für Vertrauen. Die Zerlegung im eigenen Betrieb ermöglicht Zuschnitte nach Wunsch.

Mit Wissen überzeugen

Argumente für das „neue“ Fleisch in der Theke haben die Mitarbeiter deshalb aus eigener Anschauung. Denn Tierwohl hin oder her: Das Fleisch vom Strohschwein ist 15 bis 20 Prozent teurer, und hierzulande spielt der Preis noch immer eine große Rolle. Das weiß auch Herbert Dohrmann. „Die Kunden wollen am Wochenende ihr Schweinefilet oder ihr Putenschnitzel, und das berücksichtigen wir in unseren Aktionsangeboten. Aber wir sagen dann auch dazu, dass Strohschwein zu diesen Preisen nicht möglich ist.“ Herbert Dohrmann ist, das sei hier angemerkt, der Präsident des Deutschen Fleischer-Verbands. Mit wachem Blick betrachtet er die Branche und das Umfeld, nimmt in Gesprächen und Diskussionen zahlreiche Anregungen auf. Wie findet er die Zeit für das Ehrenamt? „Zu stemmen ist das nur mit engagierten Mitarbeitern. Ich habe Leute, auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann.“
www.dohrmanns.com

Angestellte schneidet Wurst in einer Wurstschneidemaschine

© Reinhard Rosendahl: Freundliche Mitarbeiter sind an der Verkaufstheke unverzichtbar. Nur wenn sie gut geschult und informiert sind, können sie dem Kunden gegenüber Kompetenz zeigen.

Flyer mit diversen aktuellen Angebote der Metzgerei Dohrmann
Herbert Dohrmann sitzt hockend im Stall und kümmert sich um mehrere Schweine

© Dijana Nukic

Herbert Dohrmann hockend mit seinen vielen Schweinen im Stall

© Dijana Nukic

Dohrmann’s Fleischerei und Partyservice

Seit zehn Jahren lädt die Fleischerei Dohrmann zum Hoffest, kulinarische Angebote und Live-Musik inklusive. Das Besondere aber sind die Führungen durch die Produktion. In diesem Jahr wurde dabei ein halbes Strohschwein zu Wurst verarbeitet, gleichzeitig führte Herbert Dohrmann damit sein neues Strohschwein-Programm ein.
Während die klassische Schweinehaltung auf Beton und Spaltenboden setzt, gelten für Strohschweine artgerechtere Haltungsbedingungen mit deutlich mehr Platz. Die Tiere werden sowohl in der Aufzuchtphase als auch später in der Mast auf Stroh gehalten zudem stehen ihnen verschiedene Beschäftigungsmaterialien zur Verfügung. Das Stroh spielt dabei eine zentrale Rolle. Jedes Schwein bekommt während der Aufzuchtphase täglich frisches Stroh zur Verfügung, außerdem genießen die Tiere während der Aufzuchtphase ausschließlich Frischluft und Tageslicht. Durch den erhöhten Aufwand für den Landwirt erhöht sich der Preis für den Verbraucher allerdings um rund 20 Prozent.

Kleine Häppchen mit gerolltem Schinken und Gemüse zubereitet bei de Metzgerei Dohrmann
Schwarze Menü-Schale wird mit warmen Essen befüllt und verkauft
Fertige Saucen der Metzgerei Dohrmann werden direkt in den Regalen der Metzgerei angeboten
Verkaufsraum der Metzgerei Dohrmann

© Reinhard Rosendahl

Fassade und Eingangsbereich der Metzgerei Dohrmann

Mit einem Produktionsbetrieb in Bremen-Grohn und fünf Filialen in weiteren benachbarten Stadtteilen Bremens ist Herbert Dohrmann in der kleinstädtischen Struktur des nördlichen Bremen gut vertreten. Mit insgesamt 70 Mitarbeitern – darunter allein neun Köche – macht er rund 75 Prozent des Umsatzes über den Thekenverkauf. Der Rest wird von den Bereichen Partyservice/Catering und Mittagstisch bestimmt: 1.000 Essen täglich sind die Regel, mittags sind allein fünf Auslieferwagen im Einsatz, in zwei Filialen gibt es ein Bistro. Wo sieht der Metzgermeister noch Potenzial für sein Unternehmen? „Vor allem der Convenience-Bereich entwickelt sich immer stärker“, stellt er fest. Ob das die gebratene Roulade oder der fertige Nudelauflauf ist: Auch hier ist hohe Qualität gefragt. Wichtig ist ihm dabei der Rückgriff auf die eigene Basis: Rund 93 Prozent des gesamten Sortiments von „Dohrmann’s Fleischerei und Partyservice“ stammt aus eigener Herstellung, das betrifft nicht nur Fleisch und Wurst, sondern auch das Angebot aus der Küche. Täglich fünf verschiedene Gerichte stehen auf dem Speiseplan, darunter auch immer eine Suppe oder ein Eintopf, und zwei täglich wechselnde Salatangebote. Dass er im Partyservice derzeit bremsen muss, schmerzt den Metzgermeister: Personalmangel führt dazu, dass er Aufträge sogar ablehnen muss. Und das, nachdem sich dieses Segment gerade in den letzten Jahren hervorragend entwickelt hat.

Verschiedene Fleischzuschnitte in der Auslage der Metzgerei Dohrmann
Wurstauslage der Metzgerei Dohrmann mit hausgemachter Trüffelsalami und hartgetrockneter Mettwurst

© Reinhard Rosendahl: Herbert Dohrmann überzeugt seine Kunden nicht nur mit einem hochwertigen Fleischangebot, sondern auch mit ausgewählten Wurstspezialitäten aus eigener Herstellung.

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