Fleisch vom Experten
Im pfälzischen Neustadt an der Weinstraße begeistert Frank Neumaier mit hochwertigen Fleischspezialitäten eine zahlungsbereite Kundschaft.
Die Pfalz ist bekannt für gemütliche Lokale, feuchtfröhliche Weinfeste und deftige Spezialitäten wie Saumagen oder Fleischklopse, die hier Fleeschknepp genannt werden. Solche herzhaften Pfälzer Wurst- und Fleischwaren bietet selbstverständlich auch Frank Neumaier in seiner Metzgerei in Neustadt an der Weinstraße. Zum Beispiel das Pfälzer Nuss-Säckel, eine Hausmacher Leberwurst im Glas, die mit gerösteten Walnüssen verfeinert ist und in einem rustikalen Säckchen verpackt für Aufmerksamkeit im Regal sorgt.
Gut essen beim Fleischexperten: Den Bistrobereich mit Glasfront, dunkler Schieferwand und eleganter Holzoptik grenzt ein Dry-Aging-Schauschrank ab.
Modernes Ambiente
Doch wer das Ladengeschäft betritt, findet sich in einer anderen Welt. Mitten in der behaglichen Neustädter Füßgängerzone mit ihrem kleinstädtischen Flair gelegen, setzt das erst 2019 umgebaute Geschäft unter dem Motto „Neumaiers Genuss Manufaktur“ hochmoderne Akzente und zeigt mit seinem Logo, einem roten Stier auf schwarzem Grund: Hier ist ein absoluter Fleischexperte am Werk. Gleich zwei Dry-Aging-Reifeschränke empfangen den Kunden und zeugen vom Lifestyle, den die Metzgerei bietet. In beiden hängen große Stücke vom Rinderrücken ab und reifen unter ganz speziellen Bedingungen. Die Temperatur beträgt circa 1,5 Grad Celsius, die Luftfeuchtigkeit 85 Prozent, und auch die Rückwand aus Himalaja-Salz sorgt für eine keimhemmende Umgebung.
Frischetheke, Imbisstheke und Bistro teilen sich die Fläche. Obwohl die Frischetheke beim Umbau auf ein Drittel reduziert wurde, ging kein Umsatz verloren.
Hohe Preisbereitschaft
Vor dem Verkauf müssen die Stücke vom Knochen gelöst und nochmals nachgeschnitten werden. Das bringt natürlich Verluste mit sich, genauso wie der lange Reifeprozess, bei dem das Fleisch Feuchtigkeit verliert. Der Gewichtsverlust beim Dry-Aging liegt insgesamt bei mehr als 50 Prozent. Nicht verwunderlich also, dass Dry Aged Beef in der Genuss Manufaktur dann bei einem Kilopreis von bis zu 75 Euro liegt. Die Kunden in Neustadt kaufen es dennoch, ohne mit der Wimper zu zucken.
Denn die Fleischqualität, die Neumaier bietet, ist top. Darauf hat er schon immer Wert gelegt, doch vor zwei Jahren hat er seine Kompetenz noch einmal ausgebaut: 2017 hat er eine Ausbildung zum Fleischsommelier gemacht, zwei Wochen in Vollzeit, und noch heute schwärmt er von dem Kollegen-Netzwerk, das dort entstanden ist. Die erworbenen Kenntnisse setzt Neumaier unter anderem in ausgesuchte Steakzuschnitte um. „Ausgefallene Zuschnitte wie Brisket oder Tri Tip sind für mich kein Problem.“
Bei regelmäßigen Steak-Tastings, die die Metzgerei zwei Mal im Monat veranstaltet, können sich Kunden zudem einen ganzen Abend lang Steaks unterschiedlicher Herkünfte und in unterschiedlichen Cuts auf der Zunge zergehen lassen. Diese Veranstaltungen sind immer weit im Voraus ausgebucht.
Picanha, der mit Fettdeckel zugeschnittene Tafelspitz vom Rind, gilt in Südamerika als BBQ-Highlight. Mit regionaler Herkunft punktet das Entrecôte aus dem Reifeschrank.
Fleisch aus der Region
Das Fleisch – ob Rind, Kalb, Schwein oder Lamm – bezieht der engagierte Metzgermeister aus der Region. An der Ladenfront sowie auf der vorbildlich gestalteten Webseite weist er darauf deutlich hin. Denn auch in der eher ländlichen Pfalz gibt es ein zunehmendes Interesse an einer nachvollziehbaren und regionalen Herkunft von Fleisch. Dabei folgt Neumaier diesem Prinzip schon lange. Vor Jahren bereits hat er sich nach längerem Suchen eine lokale Quelle für Kalbfleisch erschlossen. Und wenn er erklärt, dass die Tiere zusammen mit ihren Müttern auf der Weide laufen, Gras fressen und so mehr rote Blutkörperchen und Eisen im Blut haben, stört sich keiner mehr daran, dass das Kalbfleisch etwas dunkler ist. Vielmehr freuen sich die Kunden darüber, dass es den Tieren gut geht.
Auch das Prinzip „from nose to tail“ ist für Frank Neumaier nichts Neues. Er verarbeitet die Tiere komplett. Ob Rinderbäckchen oder Zunge, ob Schwanz oder Innereien – alles wird verwertet und findet seine Käufer. Neben rund 50 Wurstsorten entstehen auch verschiedene Suppenvarianten und fertige Gerichte zum Aufwärmen in Produktion und Küche.
Live-Cooking statt Büffet
Mit seinem Team von 13 Beschäftigten, fast alle schon seit Jahren dabei, bereitet der Metzgermeister zudem Mittagstisch und Imbiss zu und erledigt Catering-Aufträge. „Warme Büffets machen wir kaum mehr. Viel gefragter ist unser Live-Cooking“, erklärt Neumaier. Bis zu 300 Gäste kann er bei einer solchen Veranstaltung bewirten. Sämtliche Geräte werden am Veranstaltungsort schon am Vortag aufgebaut, alle Zutaten kommen vorbereitet zum Einsatz. Das eigentliche Event lässt sich dann auch mit wenig Personal bewältigen.
Beim Umbau des Ladengeschäfts vor zwei Jahren hat Frank Neumaier nicht nur das Design modernisiert. Dunkle Schieferwände erzeugen jetzt ein edles, hochwertiges Ambiente, im Thekenbereich präsentieren sich Fleisch und Wurst appetitlich auf Schwarz und im Bistro sorgen Holzelemente für Wohlfühlatmosphäre. Gleichzeitig wurde das Geschäft in drei Funktionszonen aufgeteilt. Rechts die Frischetheke, die von einst neun Metern Länge auf jetzt drei Meter reduziert wurde. „Es ist erstaunlich, aber der Umsatz von Fleisch und Wurst hat sich dadurch nicht verändert“, erklärt der Metzgermeister. Neben der Fleischtheke und gegenüber dem Eingang befindet sich der Imbissbereich, hier gehen Frikadellen, Burger und Co. über die Theke, appetitlich brutzeln die frischen Bratwürste.Ein optisch abgetrennter Bistrobereich lädt zum Sitzen ein.
Ein kleines, feines Zusatzgeschäft sichert sich Frank Neumaier mit seinen Spezialitäten im Glas, die sich im Wandregal präsentieren – mit Etiketten, die passend zum hauseigenen Design gestaltet sind. Feine Saucen und Suppen, verschiedene Wurstkonserven, ein Gewürzmix sowie Steakpfeffer verführen schon durch ihre geschmackvolle Optik zum Impulskauf. Wie bei der Wurst ist Neumaier auch bei den Spezialitäten ganz wichtig, dass nur frische Zutaten und Naturgewürze zum Einsatz kommen.
Eine kleine Auswahl an regionalen Weinen vervollständigt das Sortiment für Feinschmecker. Für Aufmerksamkeit bei den Kunden sorgen auch die Biltong-Chips. Für die luftgetrockneten Rindfleischstreifen hat sich Neumaier in Südafrika inspirieren lassen – und bringt so internationales Flair in die Pfalz.
Für Besser-Esser: Steak-Tasting und Fleischexkursion
Mit Seminaren für den bewussten Fleischgenuss hat sich Frank Neumaier in Neustadt seit August 2017 ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen. Zweimal im Monat lädt er zum Steak-Tasting – wer daran teilnimmt, lässt sich seine Erfahrungen etwas kosten: 129 Euro bezahlen Gäste für den Abend, Getränke eingeschlossen. Beim Tasting werden insgesamt 600 Gramm Fleisch serviert, sieben verschiedene Cuts von Tieren, die aus vier verschiedenen Ländern stammen. Darunter Hüfte und Spider Steak vom spanischen Iberico-Schwein, USA Prime Beef, Rinderfilet aus Südamerika sowie Dry Aged Beef aus eigener Reifung.
Für das Dry Aging kommen für Frank Neumaier nur qualitativ hochwertige Ausgangsprodukte in Frage. Herkunft, artgerechte Haltung, Fütterung, Schlachtalter und Schlachtung des Tieres sind für ihn von elementarer Bedeutung. Die Rinder, deren Rücken er reift, bezieht er von Landwirten aus der Region, die er kennt und denen er vertraut. Mal sind es Limousin, mal Fleckvieh, mal Angus: „Nur die besten, schön marmorierten Stücke schaffen es in den Reifeschrank.“ All dies kommt beim Steak-Tasting zur Sprache, dazu erklärt Neumaier seinen wissensdurstigen Gästen dann zum Beispiel auch den Unterschied zwischen Rib Eye, Entrecôte und Rumpsteak.
Und er schult ihre Geschmacksnerven, indem die Gäste selbst schmecken lernen, ob das Fleisch aus Deutschland oder aus Südamerika stammt. Denn die Steaks vom regionalen Rind kommen aus dem eigenen Reifeschrank mit Salzwand, während das argentinische ebenfalls drei Monate reift – aber im Wet-Aging-Verfahren. Und das schmeckt man. Mit dem Thema Dry Aging beschäftigt sich Frank Neumaier schon seit fast zehn Jahren, er war wohl mit einer der ersten in Deutschland, der das alte Verfahren wieder aufgegriffen hat. „Ich habe auch schon mit Asche experimentiert. Oder ich habe das gereifte Fleisch in Butter gepackt und dann noch einmal weiterreifen lassen“, erzählt er.
Nach der theoretischen Einführung werden die ausgewählten Steaks dann zubereitet. Ein „Beefer“ sorgt mit seinen 800 Grad in kürzester Zeit für Röstaromen, andere Teile kommen direkt auf die Grillplatte. Die Gäste stehen dabei, schauen zu – und lernen Neues. „Ich zeige zum Beispiel, dass ein Steak, das nur so dick ist wie ein Handy, dennoch rosa und saftig bleibt, wenn man es richtig grillt. Das ist halt jahrelange Berufserfahrung.“
Für Kunden, die noch tiefer in das Thema Fleisch einsteigen wollen, bietet Frank Neumaier zweimal im Jahr eine „Fleischexkursion“. Dann zerlegt er vor ihren Augen ein halbes Rind, zeigt und erklärt die einzelnen Teilstücke und Zuschnitte im Detail – und serviert zum Abschluss dann auch entsprechende Köstlichkeiten für den Gaumen.
Fotos: ©Metzgerei Neumaier, Ladenbau Hanke, Fotografie Rosi Tuscher, Linzmeier-Mehn/Rheinpfalz