Ran an den Grill!
Die Menschen haben in der Pandemie viel Geld in hochwertige Grills investiert. Sobald es das Wetter zulässt, wollen sie wieder loslegen – und erwarten vom Metzger besondere Spezialitäten.
Zwar sind laut aktueller Mafowerk-Studie 36 Prozent der Grillfans in Deutschland auch im Winter am Rost aktiv. Doch für die Mehrheit beginnt die Barbecuesaison mit den ersten warmen Tagen im Frühjahr. Fleischerfachgeschäfte sollten daher etwa von Mitte März an den Wetterbericht genau verfolgen, um für den Saisonstart vorbereitet zu sein. Nicht selten explodiert die Nachfrage nach Grillartikeln dann regelrecht, wie Metzgermeister Andreas Wimpissinger aus Angath bei Kufstein in Tirol weiß: „Wenn die erste schöne Woche kommt, steigert sich unser Grillgeschäft von zehn auf einhundert Prozent – und das innerhalb von zwei Tagen.“ In der Metzgerei müssen dann alle mit anpacken. „Wir bieten sehr viel Grillconvenience, also fix und fertig marinierte, grillfertige Artikel.“ Von denen hat die Metzgerei etwa fünf ganzjährig im Sortiment. „Sobald das Wetter passt, erweitern wir auf bis zu 30 Produkte.“
In der Theke liegen dann marinierte Koteletts, Karreesteaks und Spareribs, Burger und Cevapcici, Rib Eye, Rinderfilet-, Rump-, Hüft- und T-Bone-Steaks bis hin zu mariniertem Hühnchen- und Putenfleisch. Dazu kommen eine große Auswahl an Grillwürsten sowie -spießen, etwa Puten- oder Hühnerspieße, gemischte Filetvarianten oder die vor allem bei Kindern beliebten „Fackeln“ aus Bauchfleisch.
Wer gleich startet, profitiert
„Wir machen oft bis zu 1.500 Spieße in der Woche, das geht gewaltig“, sagt Wimpissinger. Die Convenienceartikel seien der Renner: „Neun von zehn Grillkunden kaufen klassisch marinierte, fertig gewürzte Produkte.“ Ebenso gefragt: spezielle Cuts. „Es gibt immer mehr Leute, die sich sehr gut auskennen und Specials bestellen, wie Brisket, Flank Steak oder Flat Iron.“ Wer besondere Zuschnitte haben will, bekommt diese auf Vorbestellung. Denn beim Rind muss Wimpissinger den Bedarf schon rund einen Monat im Voraus planen, da die Metzgerei dieses drei bis fünf Wochen reifen lässt. „Das braucht schon etwas Fingerspitzengefühl. Man weiß nie, wie das Wetter wird.“ Das Konzept trägt Früchte: „Kunden sind bereit für tolle, gereifte Qualität und regionale Herkunft mehr Geld auszugeben.“ Sie schätzen, dass die Metzgerei noch selbst schlachtet und das Fleisch vorwiegend regional und aus Österreich bezieht.
„Regionalität spielt beim Grillen eine ganz große Rolle.“ Dazu käme eine generell höhere Zahlungsbereitschaft für Premiumprodukte. Wer sein Angebot entsprechend inszeniere und etwa die in der Szene angesagten, meist amerikanischen Bezeichnungen für bestimmte Zuschnitte verwende, könne die Gewinnspanne steigern. Den Trend zu Grillprodukten mit regionaler Herkunft bestätigt Patrick Völker, Abteilungsleiter Fleisch, Geflügel und Wild bei der ZENTRAG. „Kunden fragen an der Theke gezielt, woher das Fleisch kommt. Auch bei Klassikern wie Schweinefleisch oder Geflügelspießen.“ Hier empfiehlt sich das Gilde landfrisch Hähnchen-Programm. Bäuerliche Familienbetriebe aus Nord- und Süddeutschland gewährleisten eine kontrollierte Aufzucht.
Wie wichtig Kunden Qualität ist, beweist die Mafowerk-Grillstudie. Danach kaufen 89 Prozent der Befragten ihr Grillgut in Fleischerfachgeschäften, die damit Platz zwei im Ranking der beliebtesten Einkaufsstätten erreichen (Mehrfachnennungen waren möglich). Je nach Pandemieverlauf könnte sich dieser Trend 2022 noch verstärken: Schon in den Coronajahren 2020 und 2021 nutzten viele Verbraucher das Grillen im kleinen Rahmen als sichere Freiluftalternative zu größeren Eventsoder Restaurantbesuchen.
Teurer Grill, gutes Fleisch
Die Deutschen investieren zudem zunehmend in Geräte mit allen Finessen: So besitzen laut Mafowerk inzwischen 36 Prozent der Befragten hochwertige Gasgrills (2013: 21 Prozent). Deren durchschnittliche Kaufsumme lag 2021 bei 478 Euro. Jeder vierte (26 Prozent) gab für den neuen Rost sogar 600 Euro und mehr aus. Dass Grillbegeisterte diese Geräte mit hochwertigem Fleisch bestücken wollen, liegt nahe. Fleischerfachgeschäfte sollten sich daher zum Ansprechpartner für die Grillexperten vor Ort entwickeln, die ihre Kunden mit den gewünschten Cuts versorgen. Hier bieten die regionalen Genossenschaften passende Angebote, etwa küchenfertig zugeschnittene, einzeln vakuumierte Dry-Aged-Artikel – zum Beispiel vom bayerischen Höhenfleckvieh. Erhältlich sind zudem Premium-Färsen-Tomahawk-Steaks (einzeln geschnitten oder am Stück) und einzeln vakuumierte Premium-Färsen-TBone-Steaks aus Deutschland.
Die Vermarktung als Event
Den Grilltrend können Fleischerfachgeschäfte auch für ihren Mittagstisch nutzen. Wer vor seiner Filiale den Grill aufbaut, etwa in einem Grillzelt oder als Imbissstand, bietet Abwechslung und profiliert sich als Barbecuespezialist. Bereits küchenfertig vorbereitet sind die Salomon Fire Roasted Chicken Steaks in leicht pikanter Marinade, die sich auch ohne Grill für die heiße Theke zubereiten lassen. Ein weiterer Tipp sind Take-away-Angebote. Develey empfiehlt Grillschalen mit Fleisch, Grillkäse oder Gemüse, die der Kunde selbst zubereiten kann. „Ganz im Sinne des Kochboxtrends werden solche Rundum-sorglos-Pakete in dieser Grillsaison großen Aufschwung erfahren“, meint Anna Foidl, Leitung Food-Service. „Ob Themenpakete wie Burger, Hot Dogs oder Grillparty: Die Kunden wünschen vermehrt Zusammenstellungen, in denen von Fleisch über Brot bis zur Sauce alles enthalten ist“, resümiert sie aufgrund vieler Gespräche mit Branchenentscheidern.
Ein weiterer aktueller Aufhänger sei das Thema Nachhaltigkeit und insbesondere das Minimieren von Food Waste, also des Wegwerfens von Lebensmitteln. „Hier empfehlen sich die Margenbringer Wraps“, rät sie. Übriggebliebenes gegrilltes Fleisch mit Gemüse oder Käse kleinschneiden, in Wraps packen und mit Saucen verfeinern – fertig sei ein leckerer Snack.
Mehr bieten als Fleisch
Lukrative Zusatzgeschäfte sichern sich Fleischereien, wenn sie als Komplettanbieter auftreten. Laut den Marktforschern von Nielsen zählt die Mehrheit der Deutschen zu den Party- oder Gemeinschaftsgrillern, die Barbecue als besonderes Event zelebrieren und off en für Variationen sind. Auf den Grill kommen deshalb nicht nur Fleisch (96 Prozent der Haushalte) und Würstchen (67 Prozent), sondern ebenso Gemüse (59 Prozent) und Käse (34 Prozent). Auch Fisch, Meeresfrüchte sowie fleischlose Wurst oder Burger sind auf vielen Grillpartys heute eine Alternative, mit der sich verschiedene Ernährungsvorlieben der Gäste bedienen lassen.
Ein ausgewähltes Sortiment an Gemüsespießen, fleischlosen Produkten, Lachs oder Garnelen macht die Metzgerei zum „One-stop-shopping“. Das erspart Kunden zusätzliche Wege und erhöht gleichzeitig die Bonsumme. Zugleich lohne es sich, etwas Neues anzubieten. Thomas Wagner, Vertriebsleiter bei Hagesüd, nennt in diesem Zusammenhang Hybridprodukte – also solche, die aus Fleisch und Gemüse bestehen. Sie sprechen Verbraucher an, die weniger Fleisch essen wollen. Für eine Gemüsebratwurst hat das Unternehmen jüngst ein spezielles Compound entwickelt.
Käse, Saucen und Salate – Wie Sie Ihr Grillsortiment komplettieren
Machen Sie sich zur Anlaufstelle Nummer Eins und bieten Sie Ihren Kunden das volle Barbecue-Paket aus einer Hand!
Nicht nur als Burger-Patty für Vegetarier, sondern als echtes Allroundtalent hat sich Grillkäse einen festen Platz auf dem Rost erobert. Grill-Camembert oder der halbfeste Halloumi-Grillkäse passen genauso zu Gemüse und frischem Salat wie zu Brot oder im Wrap.
Exotischen Grillgenuss bietet indischer Paneerkäse, der in Bioqualität etwa über Kumar Ayurveda zu beziehen ist. Der indische Weichkäse ist ohne Lab aus Kälbermägen hergestellt und somit rein vegetarisch. Er lässt sich braten, grillen, kochen, schmoren oder als Beilage im Salat verwenden.
Salate neu interpretiert
Bei den Salaten bleibt Kartoffelsalat der Dauerbrenner. Nicht umsonst hat Dahlhoff 15 verschiedene Varianten im Angebot. Für die aktuelle Saison empfiehlt Verkaufsdirektor Fred Jauert einen „Tessiner Kartoffelsalat mit Pellkartoffeln auf Joghurtbasis mit frischem Gemüse“. Aber auch Nudel- und Krautsalate stünden hoch im Kurs. Ein Neuprodukt sei etwa der Nudelsalat „Capri“ mit klarem Dressing. Bei Salaten besonders wichtig: Den Kunden über das Auge animieren, die Ware zu kaufen. „Die Theke lebt von der Präsentation“, sagt Jauert. „Insbesondere sollten die Salate so angeordnet sein, dass sie sich farblich voneinander abheben.“ Zudem sollte das Verkaufspersonal die Salate mindestens stündlich pflegen, damit die Ware hundertprozentig frisch aussieht.
Bei den Butterzubereitungen und gefüllten Baguettes sind Kräuter- und Knoblauchbutter die Klassiker. Verkaufen Sie diese zum Fleisch gleich mit. Saisonale Varianten sorgen für Abwechslung. Der Vorteil der Butter im Vergleich zu Ketchup und Co.: Sie überdeckt nicht den Geschmack des Fleisches, sondern rundet ihn ab. Als Idee für eine Aktion empfiehlt Hersteller Meggle einzelne Scheiben frisch von einer 250-Gramm-Rolle zu schneiden, separat zu verpacken und als kleines „Goodie“ beim Fleischkauf mitzugeben.
Mehr bieten als das Paprikasteak
Mit der Marinade können Fleischerfachgeschäfte neue Akzente setzen – oder ihren Kunden die nötigen Zutaten für zuhause an die Hand geben. Hier kommen Experimentierfreudige in diesem Jahr voll auf ihre Kosten. Develey empfiehlt etwa die Teriyaki Marinade von Kikkoman. Als neue Variante ist die Teriyaki Barbecue Sauce mit Honig erhältlich, die dem glasierten Fleisch ein „angenehm süßes Aroma“ verleihen soll. Hagesüd setzt dagegen mit „Thymian-Zitrone“ mediterrane Akzente. Die Marinade eigne sich besonders für Geflügel, schmecke aber ebenso zu Schweinefleisch, heißt es beim Hersteller. Viele Möglichkeiten für kreative Abwechslung bieten zudem die Basissaucen der Unilever-Marke Hellmann‘s (in den Varianten „BBQ“, „Ketchup“, „Mayonnaise“), die sich beliebig mit Kräutern und Gewürzen verfeinern lassen. Seit diesem Jahr ist zudem eine vegane Mayonnaise erhältlich.
Bei den Grillsaucen konnte der Umsatz im Lebensmittelhandel zuletzt kräftig zulegen: Laut Nielsen verzeichnete das Segment der Würzsaucen im rollierenden Jahr bis Juni 2021 ein Umsatzplus von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Von diesem Boom können Fleischerfachgeschäfte mit einem ausgewählten Sortiment profitieren. Die beliebtesten Sorten 2021 waren Ketchup, Barbecue- und Knoblauchsaucen, gefolgt von Zaziki- und Currysaucen, wie eine Umfrage von POSpulse zeigt. Hersteller Kühne hat zudem beobachtet, dass beim Verwendungszweck vor allem selbst gemachte Burger hoch im Kurs stehen. Trendsetter seien die „Made for meat“ Würzsaucen, dabei am gefragtesten die Sorten „Burger Style Chipotle für Burger und „BBQ Smoked Pepper“ für Steaks. Für vegetarisches Grillgut sind zudem seit Februar die „Made for Veggies“ Würzsaucen in den Varianten „Knoblauch Mediterran“ und „Sesam Terriyaki“ erhältlich.
Grillsaucen frühzeitig anbieten
Für den Verkauf wichtig: Laut Analysen von Kühne kaufen Kunden zum Saisonstart mindestens zwei Grillsaucen, die sie während der Saison laufend ergänzen. Zudem entstehen 47 Prozent des Umsatzes mit Grillsaucen in den Monaten April bis Juni, wobei die Nachfrage zu Feiertagen wie dem 1. Mai, Himmelfahrt und Pfingsten am größten ist. Daher empfiehlt es sich gerade in der ersten Saisonhälfte genügend Ware vorrätig zu haben, um Verbundkäufe zu forcieren.
Sandra Rauch