Alles aus einer Hand

Die Fleischerei Leggedör produziert 100 Prozent ihrer Wurst- und Schinkenwaren selbst. Die Tiere stammen aus der unmittelbaren Umgebung.

Jeden Montag kommt Landwirt Helmut Plüster mit seinem Trecker aus Breddenberg und bringt seine Schweine persönlich bei der Fleischerei Leggedör im ostfriesischen Weener vorbei. Enno Meinders aus Boen sorgt für die Rinder und Färsen, und die Salzwiesenkälber stammen von Familie Behrends aus Neßmergrode. „Ich kenne alle meine Landwirte persönlich“, sagt Markus Leggedör, Fleischermeister und seit 2006 federführend in der Metzgerei, „denn es ist wichtig zu wissen, wie die Tiere gehalten werden. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Kunden.“ In den vergangenen Jahren hat Leggedör das Sortiment sukzessive umgestellt und zugekaufte Ware durch selbst produzierte Wurst- und Schinkenspezialitäten ersetzt. „Fremde“ Produkte wie Schwarzwälder oder Serrano-Schinken gibt es nicht mehr, dafür eigene Alternativen wie den Mediterrano- oder den ostfriesischen Aalrauchschinken. Im Geflügel- und Salamibereich setzt Leggedör ebenfalls auf Eigenkreationen.

Nicht nur die Fleisch- und Wurstwaren stammen aus eigener Produktion, auch die Marinaden für das Grillgut und die Feinkostsalate stellt die Fleischerei selbst her.

Tierhaltung mit Vorgaben

Die Rindersalami besteht aus 100 Prozent ostfriesischem Weiderindfleisch, auch Baguettesalami, Katenrauchsalami und Cervelatwurst werden in der eigenen Wurstküche produziert. „Wir sind stolz darauf, unseren Kunden genau sagen zu können, woher die Produkte stammen“, so Leggedör. „Regionale Produkte verkaufen kann jeder. Wir sind lieber ganz konkret.“
Den Handwerksberuf wieder aufleben lassen, sich von der Konkurrenz der Supermärkte abheben und seinen Bauern faire Preise zahlen – das sind Punkte, die Markus Leggedör wichtig sind. Mit seinen Landwirten hat er das gesamte Jahr über marktunabhängige Festpreise vereinbart. Dafür darf er mitbestimmen, wie die Tiere gehalten werden. Bei Bauer Plüster etwa haben die Schweine doppelt so viel Platz wie gesetzlich gefordert. Zwei verschiedene begehbare Ebenen und Strohbereiche sorgen für Abwechslung. „Bei den Schweinen habe ich nach anderthalb Jahren erreicht, dass sie auch raus dürfen. Wir bleiben im ständigen Austausch mit unseren Bauern“, betont der Fleischermeister.

Den Partyservice hat Leggedör mittlerweile so gut wie eingestellt. „Den größten Umsatz bringt die Fleischerei, darauf legen wir nun unser Hauptaugenmerk.“ Erfolgreich ist das Geschäft auch aufgrund des konsequenten Marketingkonzepts in den sozialen Medien. „Mir macht es Spaß, eine Story zu posten“, sagt Leggedör, „und wenn ich unsere aktuellen Angebote oder ein Foto von unseren ostfriesischen Weiderindern teile, bekomme ich sofort eine Reaktion – sowohl in der Online-Community als auch direkt bei uns im Laden.“ Seine Kunden kommen inzwischen nicht nur aus dem Umkreis von Weener. Etwa die Hälfte reist aus den rund 20 Kilometer entfernten Städten Leer und Papenburg an – weil sie genau das wollen, was die Metzgerei bietet.

Markus Leggedör setzt auf engagiertes Fachpersonal und Mitarbeiterbindung. Nur wer hinter den Produkten steht und weiß, wo sie herkommen, kann sie auch verkaufen.

Mitarbeiter einbinden

Noch wichtiger als ein gelungenes Marketingkonzept ist Markus Leggedör und seiner Frau Bärbel ein funktionierendes Verkaufsteam. Schließlich sind es seine Mitarbeiter, welche die Wurst an den Mann oder die Frau bringen müssen. Dazu gehört auch, die Geschichten hinter den Produkten nicht nur erzählen zu können, sondern voll und ganz dahinterzustehen. „Wir brauchen qualifiziertes Fachpersonal“, sagt Bärbel Leggedör, selbst ausgebildete Fleischereifachverkäuferin und seit 2005 in der Metzgerei beschäftigt. „Die Verkäuferinnen müssen heute viel mehr können, als nur die Wurst richtig abzuwiegen. Sie brauchen fundiertes Know-how.“ Und das bekommen sie bei Leggedörs. Als Ausbildungsbetrieb ist die Metzgerei so erfolgreich, dass sie in den vergangenen beiden Jahren jeweils die beste Nachwuchsverkäuferin beim Fleischerverband Nord gestellt hat. Allerdings sei es schwieriger geworden, qualifi ziertes Personal zu finden, sagt Markus Leggedör.

Transparenz durch Coaching

Mit gezielten Mitarbeiterschulungen und Coachings will er dem entgegenwirken. „Wir möchten unsere Mitarbeiter mitnehmen und ihnen ganz transparent erklären, warum wir teurer und besser sind als andere“, sagt er. „Nur dann können sie voll und ganz hinter den Produkten stehen und auch mehr verkaufen.“

Bei den Mitarbeiterseminaren, die bei Leggedörs einmal im Jahr stattfinden, hat nicht nur das Team die Möglichkeit, Lob oder Kritik loszuwerden, auch der Chef gibt Impulse. Im vergangenen Jahr hat ein Coach zum Thema Betriebswirtschaft informiert. Ein weiterer Programmpunkt des zweitägigen Seminars: der Besuch bei Bauer Plüster. Das hatte einen enormen Effekt, erinnert sich Markus Leggedör. Allen sei klar geworden, dass bessere Haltungsbedingungen daraus resultieren, dass den Bauern mehr gezahlt wird und dass die Produkte deshalb einen angemessenen Preis haben. „Unser Team hat die Zusammenhänge verstanden und erkannt, dass eine Gehaltserhöhung nur möglich ist, wenn der Umsatz stimmt“, so Leggedör. „Zudem kennen jetzt alle unseren Bauern Plüster.“
Für die Zukunft plant Markus Leggedör, sein Angebot an Feinkostspezialitäten wie Gewürze, Saucen, Liköre, Essig sowie die hausgemachte Convenience-Ware in Weckgläsern zu erweitern. Auch der Selbstbedienungsbereich an der Theke soll vergrößert werden.

Fleischermeister Markus Leggedör packt selbstverständlich bei Bedarf auch in der Produktion mit an.

Stark im Kerngeschäft

Um hierfür Platz zu schaffen, wollen Leggedörs den Gastro-Bereich künftig ganz schließen. Der Gastro-Betrieb war während des Corona-Lockdowns komplett eingestellt, den Umsatzverlust hat die Fleischerei jedoch kaum gespürt. „Dafür lief unser Thekengeschäft überdurchschnittlich gut“, erklärt der Fleischermeister. Obwohl er jetzt wiedereröffnen könnte, ist ihm der Aufwand aufgrund der geltenden Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen zu groß. Sein Geld möchte Markus Leggedör lieber damit verdienen, was die Metzgerei im Kern auszeichnet: einem Angebot an hochwertigen Fleisch-und Wurstwaren.

Einen Teil des Umsatzes macht die Fleischerei mit dem Verkauf regionaler Feinkostspezialitäten und eingemachter Convenience-Produkte im Glas, wie etwa Suppen.

Zusatzgeschäfte mit Feinkost

In ungewöhnlichen Zeiten, Ungewöhnliches wagen: Markus Leggedör und seine Frau Bärbel möchten in ihrer Metzgerei im ostfriesischen Weener ab sofort mehr Feinkost-Produkte verkaufen. „Wir haben festgestellt, dass Kunden sich vor allem in unsicheren Zeiten wieder mehr auf den Einkauf im Fachgeschäft besinnen“, erläutert der Fleischermeister. „Durch die Schließung unseres Gastro-Bereiches während des Lockdowns haben wir kaum Umsatzverlust gemacht. Die Kunden haben mit Vorliebe unsere Produkte gekauft.“ Seit rund sechs Jahren betreibt die Metzgerei zusätzlich zu ihrem Fachgeschäft einen Feinkostladen, der sich genau gegenüber der Metzgerei befindet. Dort gibt es Weine von einem befreundeten Winzer aus der Umgebung, hochwertige Gewürze, Essig, Öl und Kaffee, der in dem nur 20 Kilometer entfernten Leer produziert wird. Hinzu kommen die gebrandeten Artikel mit dem Logo der Metzgerei wie beispielsweise Kochschürzen und Grillbesteck.

Der rund 25 bis 30 Quadratmeter große Raum diente Leggedörs anfangs als Lagerfläche, später wurde er zur Weihnachtswerkstatt umfunktioniert, wo die Metzgerei ihre Präsentkörbe verkaufte. Als die Nachfrage immer größer wurde, entschlossen sich Leggedörs, zur Weihnachtzeit einen kleinen Markt mit unterschiedlichen Verkaufsständen zu veranstalten, wo die Kunden Handwerkliches, aber eben auch Glühwein kaufen konnten. „Das kam so gut an, dass wir uns entschlossen, den Weihnachtsmarkt das ganz Jahr über zugänglich zu machen“, erinnert sich Markus Leggedör. „Nur, dass eben keine Weihnachtsartikel mehr verkauft werden sollten, sondern lokal hergestellte Feinkost.“ Mittlerweile ist die ‚Legger Schmeggerei‘ an zwei Tagen in der Woche – Freitags und Samstags – geöffnet. Durch den Ausbruch der Pandemie sei der Shop vorübergehend etwas weniger stark frequentiert worden, so Leggedör, zurzeit würde sich das Geschäft aber wieder stabilisieren. Aus diesem Grund plant er nun, einen zweiten Laden direkt in der Metzgerei zu eröffnen. Dafür soll die ehemalige ‚Schlemmerecke‘, der Gastro-Bereich mit rund 30 Sitzplätzen für Mittagspäusler, weichen. Die Wiedereröffnung lohne sich aufgrund der geltenden Abstands- und Hygieneregelungen nicht mehr.

Für ihren Geschenkeshop ‚Legger Schmeggerei‘ und die dort verkauften Produkte haben sich Leggedörs ein gut durchdachtes Marketing-Konzept überlegt. Jedes Produkt wirbt mit einem witzigen Spruch auf Plattdeutsch, der Kunden im Kopf bleiben soll. So wird das Steakgewürz auch als ‚Schkarp Beest‘ (Scharfes Biest) bezeichnet und das Pendant fürs Schwein nennt sich ‚Mall Schwien‘ (Mal Schweinen). Die Kochschürze mit dem Spruch ‚Beef in’t Liev‘ (Beef im Magen) macht direkt klar, was auf den Grill kommt und der Rotwein ‚Steak-Flüsterer‘, welches Getränk gut dazu passen könnte. Für das Aufspüren und Entwickeln der findigen Sprüche hat die Metzgerei eine Agentur beauftragt, die sich auch um den Druck der Etiketten und des wöchentlichen Angebotsflyer kümmert. Dieser wird zusätzlich dafür genutzt, um die Produkte aus dem Geschenkeshop zu bewerben. „Ich möchte unseren Kunden beim Einkauf ein Erlebnis bieten“, sagt Markus Leggedör. „Dafür eignen sich unsere Feinkostartikel mit eigenem Logo besonders gut.“

www.leggedoer.de

Fotos: © Reinhard Rosendahl

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