Bei der Stadtmetzgerei Bär im oberpfälzischen Sulzbach-Rosenberg können Kunden aus zwölf selbst hergestellten veganen Wurstspezialitäten wählen. Inhaber Klaus Bär und Sohn Matthias produzieren diese seit 2022 gewohnt handwerklich. Mit Erfolg.

Herr Bär, für viele Ihrer Kollegen ist vegane Wurst ein „rotes Tuch“. Für Sie nicht. Warum?

Matthias Bär: Ich bin in der Metzgerei groß geworden und kannte nichts anderes. Doch der Markt verändert sich. Ich sehe das an meiner Frau, die noch nie so besonders viel Fleisch gegessen hat. Da sehe ich es als Herausforderung, mein erlerntes Handwerk auf Fleischersatzprodukte zu übertragen. Denn die Schritte in der Verarbeitung sind zumindest vergleichbar.

 

Wie reagierten Sie als Inhaber auf die Ideen Ihres Sohnes?

Klaus Bär: Anfangs war ich skeptisch, ließ ihm aber freie Hand. Denn um selbst die nötigen Arbeitstechniken neu zu erlernen, dafür fehlte mir schlichtweg die Zeit.

Matthias Bär: Ich bin selbstverständlich stolz darauf, Metzgermeister zu sein. Und doch verharre ich nicht starr auf Traditionen, sondern will mit der Zeit gehen.

 

Woher nahmen Sie das Know-how?

Matthias Bär: Wir haben uns eng mit unseren Gewürzlieferanten ausgetauscht und aktiv den Kontakt zu einer Gruppe aus dem Nachbarort gesucht, deren Mitglieder vegan leben. Deren Feedback war uns eine wertvolle Hilfe. Und so kreierten wir unser erstes Produkt, das Pendant zu einer Leberwurst – und zwar als Aufstrichvariante. Die kam gut an.

 

Welche Produkte bieten Sie inzwischen an und mit welchem Erfolg?

Matthias Bär: Es sind derzeit zwölf Produkte in vier Kategorien – Aufschnitt, „Vürste“, Aufstriche und Salate. Als ein besonderer Renner hat sich unser „Leverkäse“ entwickelt, der dem klassischen Produkt überraschend ähnlich schmeckt. In der Woche stellen wir bis zu 80 Kilogramm an Fleischersatzprodukten her. Und die Tendenz ist weiter positiv. Bestens funktioniert ebenfalls unser fleischfreier Wurstsalat, den wir entweder als Klassiker mit Paprika und Tomaten, als vegane Mayo-Variante oder als veganer Bratwurstsalat ebenfalls selbst herstellen.

Klaus Bär: Die Mundpropaganda ist sehr erfolgreich. Inzwischen besuchen uns Veganer aus Nürnberg und Regensburg, das sind bis zu 80 Kilometer Entfernung. Und über solche Bons freut man sich natürlich.

 

Wie reagierten Mitarbeiter und Kunden darauf, dass Sie nun vegane Produkte anbieten?

Klaus Bär: Klar sind die Metzgerkollegen kritischer als die Verkäufer. Aber: Auch nicht jede „normale“ Wurst schmeckt jedem Menschen gleich. Die Kunden waren anfangs zwiegespalten. Wir hatten sogar welche, die gegen diese Angebotserweiterung protestierten – und uns seither nicht mehr aufsuchen. Gleichwohl haben wir mit dem veganen Angebot mehr Kunden neu gewonnen als verloren.

 

Wer kauft die Produkte ein?

Matthias Bär: Da gibt es tatsächlich kein Muster. Es gibt ältere Kunden, die sagen, dass sie sich über diese Idee freuen. Flexitarier, die mal mehr oder weniger oder gar kein Fleisch konsumieren möchten, finden das natürlich ganz toll. Derzeit sind wir sogar dabei, den Kreis der Abnehmer zu erweitern.

 

Wie kalkulieren Sie die Produkte?

Klaus Bär: Wenn wir wollten, könnten wir unsere veganen Spezialitäten sicherlich teurer verkaufen, als wir es tun. Aber weil uns Lebewesen etwas wert sind, muss aus unserer Sicht echtes Fleisch auch etwas wert sein. Wären wir ein Betrieb, der ausschließlich vegane Produkte herstellt, wäre die Situation vermutlich eine andere.

 

Welche Produkte schweben Ihnen noch vor?

Matthias Bär: Die Online-User, die unsere Postings in den sozialen Netzwerken kommentieren, sind sehr kreativ. Möglich ist das alles freilich nicht. Vegane Leber für Leberspätzle, wie beispielsweise einmal vorgeschlagen – das ist schwierig. Ebenso hatten wir bereits mehrere Fehlschläge bei dem Vorhaben, fleischfreie Wiener herzustellen. Paradoxerweise waren es übrigens die Veganer, die kritisierten, dass ihnen der typische „Knack-Biss“ fehle.

Interview: Axel Stefan Sonntag

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