Ein Pfälzer Original
In einem kleinen Nachbarort von Speyer gelegen, versteht es Volker Ballreich par excellence, viele Bürger der Domstadt nachhaltig an sich zu binden.
Zugegeben: Besonders groß bemessen ist die Verkaufsfläche der Metzgerei Ballreich im pfälzischen Dudenhofen nicht. Doch daran scheinen sich die rund 6.000 Einwohner nicht zu stören: Sie waren es auch schon vor der Pandemie gewohnt, gegebenenfalls vor dem 30 Quadratmeter großen Laden geduldig zu warten. Mit ihren teils kreativ handwerklich hergestellten Spezialitäten, selbst geschossenem Wildfleisch und einer großen Auswahl an haltbaren, an den Pfälzer Geschmack angelehnten Konserven hat sich die Familie über Jahrzehnte hinweg einen Namen gemacht. Wo es früher fünf Betriebe im Ort gab, ist heute Ballreich der verbliebene Platzhirsch. Längst kommen viele Kunden aus der gesamten Verbandsgemeinde, vor allem aber aus dem nur drei Kilometer entfernten Speyer und einige sogar aus dem angrenzenden Baden. „Es hat sich ausgezahlt, dass schon die Großmutter meiner Frau auf dem Wochenmarkt in Speyer präsent war“, erklärt Inhaber Volker Ballreich das Erfolgsrezept.
Auf drei Wochenmärkten erzielt die Metzgerei rund ein Drittel ihres Umsatzes. Die pro Präsenz vorhandenen 200 Brötchen sind – belegt – regelmäßig abverkauft.
Auf drei Wochenmärkten
Mit inzwischen drei Wochenmarktpräsenzen erreicht er viele der mehr als 50.000 Einwohner zählenden Domstadt. Noch viel wertvoller sei die daraus resultierende Mundpropaganda. So erwirtschaftet die Metzgerei rund ein Drittel ihres Gesamtumsatzes aus ihrem mobilen Verkaufsstand, der immer mittwochs, freitags und samstags in verschiedenen Stadtteilen Speyers Station macht. „Wir bilden in diesem Wagen so gut wie das gesamte Sortiment ab“, so Ballreich.
An den Markttagen beginnt die Arbeit für Verkäuferin Uschi Schmitt bereits um vier Uhr morgens: Im Team bestückt sie den Verkaufswagen mit frischen Wurst- und Fleischwaren, schaltet die Heiße Theke an und füllt den Korb mit 200 Brötchen. Sie mag den Verkauf unter freiem Himmel: „Die Menschen sind lockerer, plaudern und kaufen mehr als im Laden.“
Tatsächlich warten auch hier die Kunden geduldig in der Schlange, bis sie dran sind – und wählen dann aus einer Bandbreite, die vom schnellen Fleischkäsebrötchen bis zum gesamten Wocheneinkauf reicht. Drei Beschäftigte hat Volker Ballreich für die bis zu sechseinhalb Stunden eingeplant.
Edles im Verkauf (links) und in der Produktion (rechts): Die hier selbst hergestellte Salami produziert der Betrieb weitgehend ohne Hilfsmittel. Ein Alleinstellungsmerkmal.
Neben den vielfältigen Wurstdosen bietet die Metzgerei ebenso selbst hergestellte Spargelkonserven an. Denn zur Familie gehört ein etablierter Spargelhof.
Auf der Pirsch
Mit Wildspezialitäten hat sich der Betrieb einen besonderen Namen gemacht. Ballreich besitzt einen Jagdschein. Hinzu kommen beauftragte, ihm persönlich bekannte Jäger. Summa summarum kommen so bis zu 70 Stück Rehwild und bis zu 40 Wildschweine pro Jahr zusammen. „Es ist das natürlichste Fleisch“, lautet sein bestes Verkaufsargument. „Das hat sich bei den Verbrauchern herumgesprochen. Wir verzeichnen kontinuierliche Steigerungen im Absatz.“ Manches Wild sei ausverkauft, noch bevor es in der Theke landet.
Besonders gefragt – auch von der Gastronomie – ist sein Wildsaumagen und die Wildbratwurst. Eine absolute Abgrenzung vom Wettbewerb sind die Wildrieslingbeißer. Die besondere Qualität beweisen zahlreiche Urkunden, mit denen die Fleischerinnung Bonn/Rhein-Sieg den Betrieb auszeichnete. Sie ist auf Wildfleischwettbewerbe spezialisiert. „Deshalb nehmen wir an diesen Wettbewerben teil. Es geht uns nicht um Trophäen, wir wollen eine neutrale Einschätzung unserer Arbeit.“
Auch beim Convenienceangebot kommen die Wildspezialitäten auf die Karte: Pfälzer Wildgulasch ist hier ebenso ein Renner wie der Keschdebraten. Gefüllt mit Maronen (pfälzisch: „Keschde“) und Brät, bietet die Metzgerei dazu als passende Verbundartikel selbst hergestellte Semmelknödel an.
Auch bereits fertige Backofengerichte wie der mit Paprika und Zwiebeln marinierte Rahmbraten erleichtern vielen Haushalten das Kochen.
In der Region zeigt sich Ballreich bestens vernetzt. Der 55-Jährige ist stellvertretender Obermeister der Fleischerinnung Süd- und Vorderpfalz. Gemeinsam mit seinem Kollegen Walter Adam junior (Reportage im Gilde-Magazin 2/2021) und rund 20 anderen Mitstreitern unterstützte er nicht nur mit Leberwurstspenden das im September vergangenen Jahres stattgefundene Musikfest der Bundeswehr in Düsseldorf, bei dem das Repräsentationsorchester der ukrainischen Streitkräfte zu Gast war.
Beide initiierten zudem ein eigenes Strohschwein-Programm, um den Fokus auf tierfreundliche Aufzucht und eigene Schlachtung zu legen. „Ich stehe sehr hinter dieser Idee, doch die Kosten liefen uns davon“, sagt Ballreich, der dieses eigene Programm schweren Herzens wieder beenden musste. Vor allem deshalb, weil die Distanz zum 80 Kilometer entfernten Landwirt auf Dauer wirtschaftlich nicht mehr darstellbar gewesen wäre.
Ob Großeinkauf oder Imbiss zwischendurch: Das Geschäft bietet auf kleiner Fläche eine immense Auswahl an Feinkostsalaten, Käse, Wurst und Fleisch.
Regionales Rindfleisch
Das Rind, welches die Dudenhofener Metzgerei offeriert, stammt aus regionalen Betrieben: Einer befindet sich unmittelbar auf der badisch angrenzenden Seite des Rheins, ein anderer ist 20 Kilometer entfernt. Alle 14 Tage schlachtet Ballreich einen Bullen. Daran habe der „Veggie-Boom“ nichts verändert: „Jeder kann, soll und darf essen, was er will. Doch wenn ich mir manche Zutatenliste von Fleischersatzprodukten anschaue, dann glaube ich, dass unsere doch um einiges kürzer sind“, lautet seine Einstellung. Auch käme in den Medien viel zu kurz, dass der Sojaanbau in Übersee alles andere als klimafreundlich sei. „Dann esse ich doch besser nur zweimal die Woche Fleisch, bevorzuge dann aber Regionales aus artgerechter Haltung“.
Knapp 20 Mitarbeiter sind in dem Familienbetrieb beschäftigt. Die Personalplanung übernimmt seine Frau.
„Die kann das besser und geduldiger als ich“, lacht er. Der Betrieb nehme, wo immer es geht, Rücksicht auf Einsatzwünsche. Wie bei vielen seiner Kollegen, findet auch Ballreich seit Jahren keine Azubis für den Verkauf. In der Produktion scheint das Problem weniger akut, hier arbeiten zwei junge Männer. „Doch vorne gehen bald einige in Rente, das wird eine Hausaufgabe.“ Schon vor Jahren reagierte der Betrieb und schloss notgedrungen neben dem Mittwochnachmittag den kompletten Montag. Verkaufsautomaten zog der Unternehmer für das benachbarte Speyer in Erwägung, jedoch habe die Stadtverwaltung einen dort angesiedelten Metzgerbetrieb bevorzugt.
Was die „Ballreich-Salami“ so besonders macht
Auf fünf der in der Metzgerei Ballreich im pfälzischen Dudenhofen angebotenen Salamisorten ist Inhaber Volker Ballreich ganz besonders stolz: Hausmacher-, Wild- und Vespersalami sowie die nach italienischer und spanischer Art stammen komplett aus Eigenproduktion. An sich ist das für einen Handwerksbetrieb noch nicht unbedingt etwas Ausgefallenes. Doch Ballreich legt Wert darauf, dass er diese fünf Spezialitäten ohne das Hilfsmittel Glucono-delta-Lacton (GDL, E575) herstellt. Ein geprüftes und zugelassenes Säuerungsmittel beziehungsweise Säureregulator, den vor allem große Hersteller für die im Lebensmitteleinzelhandel angebotenen Salamivarianten einsetzen. Das Zusatzstoffmuseum bezeichnet E575 in Wurst als Umrötebeschleuniger, der jedoch „als Zusatzstoff in üblicher Menge gesundheitlich völlig belanglos“ sei.
Längere Reifung
Trotzdem hat sich Ballreich schon vor mehr als 20 Jahren dazu entschieden, auf dieses industrielle Hilfsmittel bewusst zu verzichten. Obwohl das dazu führt, dass er eine längere Reifezeit für seine Spezialitäten einkalkulieren muss: „Ich bin davon überzeugt, dass deshalb unsere Salami nicht so säuerlich schmeckt wie die aus dem Supermarkt“, ist er sich sicher. Während mit dem Einsatz von GDL die Wurst schon binnen acht Tagen verkaufsfähig sei, berichtet der Metzgermeister davon, dass er eine Reifezeit von bis zu fünf Wochen einkalkuliere. „Und diese längere Zeit schmecken unsere Kunden“, weiß er um das besondere Alleinstellungsmerkmal seiner handwerklichen Produktion.
Besonderes Highlight: Wildsalami
Neben der feinkörnigen Hausmachersalami stellt seine Mannschaft eine nach italienischer Art her, die besonders viel Kräuter enthält. Die spanische Art enthält Paprika und entspricht einer Art Chorizo. Wer eine auf Pfeffer basierende Schärfe bevorzugt, für den stellt der Betrieb die Vespersalami her. Schließlich gibt es noch die Wildsalami, deren Basis selbst geschossenes Wildfleisch ist. Denn mit Wildspezialitäten hat sich der Betrieb einen besonderen Namen gemacht. Ballreich besitzt einen Jagdschein. Hinzu kommen beauftragte, ihm persönlich bekannte Jäger. Summa summarum kommen so bis zu 70 Stück Rehwild und bis zu 40 Wildschweine pro Jahr zusammen.
Zugelassene Hilfsmittel
Gleichwohl legt Ballreich Wert darauf, dass die allesamt geprüften und zugelassenen Zusatzstoffe heutzutage unverzichtbar seien. „Die Verbraucher erwarten eine rosafarbene Wurst, die verpackt im Kühlschrank frisch bleibt und nicht austrocknet. Letztlich ist das wie mit den Äpfeln im Supermarkt. Was nur eine kleine Delle aufweist, bleibt liegen.“
Text: Axel Stefan Sonntag
Bildernachweis: Klaus Landry