Gilde Frischmarkt Genossenschaft in Essen droht nach Diesel-Urteil eine abgehängte Insellage

Die A40 soll nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen aus dem November 2018 für alte Diesel gesperrt werden. Bei A52 und A42 hatten die Richter Anmerkungen, was eine mögliche Einschränkung betrifft. Nach dem bisherigen Beschluss soll die A40 ab Sommer 2019 für Diesel mit Euro-4 und älter gesperrt werden. Ab 1. September 2019 kann dann das Verbot für Euro-5-Diesel folgen. Das Urteil, das bundesweit für Aufsehen gesorgt hat, war der erste Beschluss, der einen ganzen, zudem auch zentral wichtigen Autobahnabschnitt für bestimmte Dieselfahrzeuge sperren will. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe. Die Stadt Essen will nun ihrerseits gegen das Urteil vorgehen. Dies alles könnte ein weiteres, mittlerweile fast alltägliches Kapitel im Diesel-Drama sein, weit weg, irgendwo im Westen, wenn davon nicht auch die GILDE Frischmarkt Genossenschaft direkt und elementar betroffen wäre.

Das Urteil konkreter: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat in seinem Beschluss angeordnet, dass in Essen 18 Stadtteile zu einer Verbotszone für alte Diesel erklärt werden sollen. Hintergrund ist, dass die bisherigen Anstrengungen der Stadt aus Sicht der Richter nicht ausreichen, die Belastung durch Stickstoffdioxide zu senken. Die sogenannte Blaue Umweltzone soll für den Essener Abschnitt der A40 gelten, erstmal aber nicht für die A52 und A42, obwohl auch sie durchs Sperrgebiet führen. Grund ist laut Verwaltungsgericht die Datenlage: Für die beiden letztgenannten Autobahnen liegen nicht ausreichend Daten zu möglichen Grenzwertüberschreitungen vor. An der A40 indes befindet sich gleich eine Messstation in Frohnhausen, an der im Jahresdurchschnitt über 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft registriert werden. Der EU-Grenzwert liegt bei 40. Das Gericht hatte bei der Urteilsverkündung auch angeordnet, dass Essen die stadtweite Belastungskarte für Schadstoffe in der Luft aus dem Jahr 2009 aktualisieren muss. So sollen Datenlücke gefüllt werden. Das bedeute aber nicht, dass an jeder Straße Messstationen aufgestellt werden müssen. Weitere Belastungswerte ließen sich per Computer berechnen. Sollte sich aus dieser Belastungskarte ergeben, dass an weiteren Stellen im Stadtgebiet im Jahresdurchschnitt der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid überschritten wird, so müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden. Und davon können dann auch die A52 und die A42 betroffen sein.

Bisher galt die Lage der GILDE Frischmarkt Genossenschaft genau eben in diesem Dreieck zwischen der A52 und A40 als logistische 1a-Position. Frage ist aber nun, welcher Schaden den Fleischer-Genossen nach diesem Urteil droht, wenn die Diesel-Fahrzeuge der Genossenschaft, der Lieferanten und Kunden, die nicht der modernsten Norm entsprechen, das Frischezentrum überhaupt nicht mehr erreichen können.  Droht nun eine Insellage – für die erfolgreiche Genossenschaft, die vor 85 gegründet wurde? Fest steht: 70 Prozent der Kunden sind Fleischerbetriebe, 20 Prozent kommen aus der Gastronomie. Der Vollsortimenter bietet rund 13.000 Artikel an. Die Lieferquote ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Sie beträgt zurzeit 70 Prozent. Entsprechend wurde der Fuhrpark ausgebaut – mit zurzeit elf Fahrzeugen. Und entsprechend groß ist mittlerweile auch die Fahrer-Mannschaft. Frischmarkt-Geschäftsführer Rolf Strobel erkennt schon die drohenden Probleme, er bleibt aber trotzdem gelassen und bedacht. Die eigene Fahrzeugflotte könnte umgebaut werden, was allerdings mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Das Problem scheint trotzdem lösbar. Ganz anders sieht das aber wohl bei den Kunden aus, die etwa einen Lieferservice betreiben. Schwierig, vielleicht gar unmöglich könnte sich auch die Anfahrtsmöglichkeiten der Mitarbeiter und Kunden gestalten. Im Umfeld des Frischezentrums haben sich zudem rund 50 weitere Gewerbebetriebe aus der Lebensmittelbranche niedergelassen, die etwa 500 Mitarbeiter beschäftigen und die das Gewerbegebiet zu ihren Arbeitszeiten kaum mit dem Öffentlichen Nahverkehr erreichen können. Heißt: Nicht nur die wirtschaftliche Zukunft der Genossenschaft könnte gefährdet sein, sondern damit auch ein zentral bedeutender  Großhandels- und Nahversorgungsstandort im Ruhrgebiet, in den systematisch investiert worden ist und der (bisher) eine optimale Einkaufs und Logistik-Drehscheibe darstellte.

 

Lesen Sie mehr dazu: allgemeine fleischer zeitung | 06. Februar 2019 | Nr. 6
bzw. online unter https://www.fleischwirtschaft.de/management/nachrichten/Frischelogistik-Flotten-Management-in-Fahrverbot-Zone-38519

print