Information und Emotion

Auf YouTube den Dry Ager vorstellen oder per WhatsApp Kühlraumtemperaturen dokumentieren. Social Media verschaffen dem Fleischerhandwerk neue Kanäle für Kommunikation und Marketing.

„Mein Mittagessen, mein Handy, mein Gehalt: Das Video, mit dem Metzgermeister Steffen Schütze um Azubis wirbt, wurde allein auf Facebook bisher knapp 20.000 Mal geklickt. Der kurze Spot hat mitgeholfen, den Metzgermeister und seinen Freisinger Handwerksbetrieb deutschlandweit bekannt zu machen. Ob Fernsehen oder „Bild am Sonntag“: Viele große Medien wurden aufmerksam und gaben Steffen Schütze Gelegenheit, seine Ausbildungskampagne vorzustellen.Wie präsent das Fleischerhandwerk mittlerweile im Netz ist, zeigt ein Blick in die verschiedenen Social-Media-Kanäle. Auf YouTube präsentiert etwa Metzgermeister und Fleischsommelier Michael Moser in professionell gemachten Clips, woher sein Fleisch stammt oder wie sein begehbarer Dry Ager funktioniert. Die Metzgerei Max aus Oberfranken zeigt auf Instagram Bilder von Wagyu-Entrecôte, Grillspießen in der Auslage oder Wurst-Workshops in der Metzgerei. Im YouTube-Kanal und auf der Homepage läuft dazu ein Erklärvideo, wie das perfekte Steak gelingt.

Marketing per Smartphone

Für die postenden und bloggenden Fleischereien ist das Netz mittlerweile ein wichtiges Marketinginstrument. Als „Weg, seine Produkte und Marke bekannter zu machen“, und eine „gute Streuung für Inhalte“ beschrieben etwa die Handwerksblogger beim Bloggerfrühshoppen auf der diesjährigen Internationalen Handwerksmesse ihre Erfahrungen mit YouTube und Co. Die Social-Media-Handwerker sind dabei oft mehrgleisig unterwegs. Zum Blog auf der Webseite werden meist noch Facebook, YouTube und der Bilderdienst Instagram mit Inhalten ver-sorgt. Das garantiert eine breite Streuung und mehr Sichtbarkeit bei den Usern.Der Einstieg in die Online-Welt gelingt leicht. Teure Technik ist gerade am Anfang unnötig, für Fotos und Videos reicht meist ein Smartphone aus. Wichtiger sind regelmäßiger Input und Durchhaltevermögen, authentische Inhalte, Humor so-wie der Mut, auch mal Banales zu zeigen. Wer sich zudem mit anderen vernetzt und mit seinen Followern interagiert, kann wichtige Trends rechtzeitig erkennen und die eigenen Produkte verbessern. Auch für andere Botschaften bieten die sozialen Netzwerke eine optimale Bühne: So engagierten sich etwa Anfang Juni die Nachwuchskräfte der Nationalmannschaft des Fleischerhandwerks unter dem Hashtag #stolzaufmeinenberuf auf Facebook und Instagram mit originellen Selfies für ihren Beruf.

WhatsApp im Betrieb

Messenger-Dienste zum Austausch von Textnachrichten, Fotos oder Videos nutzt das Handwerk bei der Kommunikation mit Kunden häufig. WhatsApp und Co. lassen sich aber auch betriebsintern optimal einsetzen, so der Strategiekreis „Digitaler Wandel“ des Deutschen Fleischer-Verbands. „Die Idee der Nutzung von WhatsApp zur internen Kommunikation stammt von Fleischermeister Dirk Ludwig aus Schlüchtern“, erklärt DFV-Betriebsberater Axel J. Nolden. „Wir haben sie für Betriebe verschiedener Größe weiterentwickelt.“ Die Grundidee ist simpel: Für Informationen, die bisher auf Papier zwischen Mitarbeitern und Büro ausgetauscht wurden, nutzt der Betrieb einfach WhatsApp – vom Wareneinkauf über die Produktion oder das Bearbeiten von Kundenbestellungen bis zur Dokumentation von Kühlraumtemperaturen.
Die technischen Vorausetzungen sind in vielen Betrieben ohnehin vorhanden. „Als Minimum braucht man zwei Smartphones, auf denen die App installiert ist, einen stationären PC oder Laptop, einen Router mit WLAN-Netz sowie eine Cloud, um Chats auszulesen und zur Dokumentation zu speichern“, sagt Nolden. Etwa 150 mögliche Anwendungsoptionen für die innerbetriebliche Kommunikation mit WhatsApp hat Nolden identifiziert. „Natürlich kommt nicht jede davon für alle Betriebe infrage. Doch es spart schon viel Zeit, in einem oder zwei Bereichen anzufangen.“

Chat mit dem Chef ­– Wie die betriebsinterne Kommunikation mit WhatsApp funktioniert

Metzgermeister Dirk Ludwig hatte die zündende Idee: Warum WhatsApp nicht nur privat oder für den Kundenkontakt, sondern auch für den Austausch der verschiedenen Bereiche im Betrieb nutzen – statt der vielen Zettel und ungeliebten Dokumentationslisten?
Mittlerweile nutzen in seinem Unternehmen im hessischen Schlüchtern alle 34 Mitarbeiter WhatsApp im Betrieb. Das System wird für verschiedenste Prozesse und Bereiche im Unternehmen verwendet. In einigen konnten sogar mit Hilfe der App erstmals standardisierte Abläufe geschaffen werden:

  • Im Einkauf: Wurde vorher auf Zuruf oder in Form einer Endlosliste dokumentiert.
  • Für die Herkunftskennzeichnung: Vorher wurden die Etiketten gesammelt, vakuumverpackt und zwei Jahre auf dem Dachboden gelagert.
  • Bei der Wartung und Instandhaltung der Maschinen und Geräte: Vorher kein koordinierter Prozess.
  • Im Bereich Arbeitssicherheit: Vorher kein koordinierter Prozess.
  • Für die Dokumentation von Reinigung und Hygiene: Vorher in Listenform dokumentiert.
  • Für die Qualitätssicherung: Vorher kein koordinierter Prozess.
  • Zur Projektarbeit: Diese wurde vorher in einem Projektbuch festgehalten.
  • Für das Social-Media-Bildarchiv: Vorher kein koordinierter Prozess.
  • Für die Erfassung von Mängeln und Maßnahmen: Vorher in Listenform.
  • Für die Kontrolle des Wareneingangs: Vorher kein Prozess oder Listenform.
  • Für die Organisation von Messen: Erfolgte vorher über eine Liste.
  • Für das Maschinenkataster: Vorher kein koordinierter Prozess.
  • Zur Aufzeichnung innovativer Ideen: Vorher über Handzettel.

Was Metzgermeister Ludwig anderen Betrieben empfiehlt? „Unbedingt auf den Datenschutz achten.“

Dass sich mit WhatsApp jede Menge Papier und Aufwand im Betrieb sparen lässt, davon ist auch Axel J. Nolden, Betriebsberater beim Deutschen Fleischer-Verband, überzeugt: „Alle Informationen, die bisher als Zettel ins Kästchen gelegt und dann nach Feierabend oder am Wochenende ins Büro gegeben wurden, stehen jetzt zeitnah zur Verfügung.“ Die per WhatsApp übermittelten Textnachrichten, Fotos, Videos oder Dokumente gingen, im Gegensatz zu Zetteln, nicht so leicht verloren und seien mit einer Sende- und Empfangszeit versehen. Der Absender könne so feststellen, ob und wann die Nachricht gelesen worden sei, während der Empfänger direkt auf die Nachricht reagieren und zurückschreiben könne. Einziger Haken sei die fehlende Möglichkeit, Daten aus WhatsApp automatisiert mit anderen EDV-Anwendungen im Betrieb auszutauschen.

Vor dem Start sollten sich Betriebe überlegen, wie sie die Kommunikation organisieren wollen, empfiehlt Nolden. „Ähnlich wie bei privaten Chat-Gruppen sollte man in den verschiedenen Bereichen Arbeitsgruppen bilden, etwa Kühlraumtemperatur 1, 2 usw. für die verschiedenen Kühlräume, Bestellungen, Wareneingangskontrolle etc. Eine Info lässt sich dann per Text oder Foto vom Büro an den Mitarbeiter oder umgekehrt weitergeben.“ Zum Beispiel: Ein Mitarbeiter dokumentiert die Kühlraumtemperaturen, indem er mit der Kamera des Smartphones ein Bild des Thermometers macht. „Was gerade bei betrieblichen Eigenkontrollen im Einzelfall zulässig ist, sollte natürlich mit dem Veterinäramt geklärt werden“, sagt Nolden. Grundsätzlich sei ein Foto aber mindestens genauso aussagekräftig wie eine entsprechende Dokumentation auf Papier, so der Berater. Am Monatsende werde dann der entsprechende Chat ausgelesen und mittels einer Cloud, etwa Google Drive, in das EDV-System im Büro übernommen.
Wichtig: Um nicht mit dem Datenschutz in Konflikt zu kommen, empfiehlt Nolden ausdrücklich betriebseigene Smartphones anzuschaffen, auf denen nur das Firmen-WhatsApp läuft. Dafür sei eine Telefonkarte erforderlich, für die übrigen Geräte reiche es, wenn sie mit dem firmeneigenen WLAN verbunden sind. Sollen auch Verkaufswagen oder andere Bereiche außerhalb des Betriebs eingebunden werden, empfiehlt Nolden für die Smartphones, die dort genutzt werden, günstige SIM-Karten anzuschaffen. Private Mitarbeiter-Smartphones sollten auf keinen Fall genutzt werden!

Zu Beginn sollten Betriebe am besten mit einer oder zwei Arbeitsgruppen starten und dann schrittweise auf andere Bereiche erweitern. „Man sollte die Mitarbeiter nicht überfordern“, sagt Nolden. „Das muss wachsen.“

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