Genuss mit gutem Gewissen

Die Fleischerei Schmidt in Essen punktet mit hoher Qualität und transparenter Produktion. Im Fokus: Fleisch aus speziellen Programmen für tiergerechtere Haltung und Schlachtung. Vor Kurzem eröffnete die achte Filiale – Chefin Julia Schmidt will weiter expandieren.

„Genuss mit gutem Gewissen“ – das verspricht Julia Schmidt, Fleischermeisterin und Geschäftsführerin der Fleischerei Schmidt in Essen, ihren Kunden. Und genau das setzt sie mit ihrem ambitionierten Programm in mittlerweile acht Filialen im Stadtgebiet um.

Blick von Innen auf die Glasfassade der der Fleischerei Schmidt

© Reinhard Rosendahl

Klare Herkunft, hohe Transparenz

Für Schmidt sind Qualität und Transparenz oberstes Gebot. Das Stammhaus in Essen-Kray ist eines der wenigen handwerklichen Fleischereibetriebe in Essen, die eine EU-Zulassung besitzen. Dort werden nur ausgewählte Tiere zerlegt und verarbeitet: Das „Rheinschwein“ aus Strohhaltung vom in der Region bekannten Landwirt  Willi Steffens, sowie Färsen aus dem Programm „Natürliches Eifelrind“.  Mit einer hochwertigen Broschüre im handlichen CD-Format informiert die Fleischerei Schmidt ihre Kunden über die besondere Qualität und die Herkunft ihres Fleischangebots.
Etwa Färsenfleisch, das von Rindern aus der Eifel stammt, die dort geboren wurden und fast das ganze Jahr auf der Weide stehen. Der kurze Weg zum Schlachthof in Prüm trägt ebenfalls dazu bei, eine hohe Qualität sicherzustellen. Auch beim Schweinefleisch hat Julia Schmidt  den Kundenwunsch nach mehr Transparenz früh erkannt und längere Zeit aktiv nach einem Landwirt gesucht, mit dem sie ihre Vorstellungen umsetzen konnte. Mit Willi Steffens vom Pötterhof in Brüggen hatte sie dann den Richtigen gefunden. Der Initiator des „Rheinschweins“ will mit artgerechter Schweinehaltung neue Wege gehen.

Informationsbroschüren über die Haltung von Nutzvieh

© Reinhard Rosendahl

Das „Rheinschwein“-Prinzip

Die Tiere leben auf Stroh in großen Außenklimaställen mit viel Freilauf in einem natürlichen Tages- und Nachtrhythmus. Seit Kurzem hält Steffens auch Bentheimer Schweine komplett auf der Wiese. Den Transport zum nahe gelegenen Schlachthof übernimmt der Landwirt persönlich, er erfolgt bereits am Tag vor der Schlachtung, sodass die Tiere keinen Stress erleben. „Was bei uns in Sachen Schweinefleisch läuft, geht nur nach diesem Prinzip: ein Landwirt, ein Schlachter, ein Fleischermeister“, erklärt Julia Schmidt.

Ihr ist es wichtig, die Herkunft auch für die Kunden nachvollziehbar und erlebbar zu machen. Deshalb bietet sie vier Mal im Jahr eine Ausflugsfahrt zum Hof von Willi Steffen an – für 20 Euro inklusive Picknick und Busfahrt. Flyer oder Einladungskarten dafür liegen in den Filialen aus. In diesem Jahr wirbt sie auch erstmals außerhalb der Geschäfte mit einer Anzeige für die Fahrt. Das spricht nicht nur vorhandene Kunden an, die gern mehr über die Herkunft ihres Fleisches wissen wollen, sondern soll auch ganz neue Kunden in die Filialen der Fleischerei bringen.

Eingangsbereich der Fleischerei Schmidt mit Hinweisen zur Fleischherkunft

© Reinhard Rosendahl

Mehr Tierwohl auch beim Geflügel

Beim Geflügel hat Julia Schmidt ebenfalls umgestellt: auf Kikok-Maishähnchen, die ebenfalls aus einer tiergerechten Aufzucht aus Nordrhein-Westfalen stammen. Auch hier gilt: Mehr Tierwohl durch mehr Platz, keine Antibiotika, besondere Fütterung und kurze Transportwege zur Schlachtung. Für die Zukunft hat Julia Schmidt auch Putenfleisch aus tiergerechterer Aufzucht im Blick. „Mein Vater hatte früher schon einmal mit Kikok-Geflügel angefangen, aber das wurde von den Kunden nicht angenommen.
Der Geflügelabsatz ging damals wegen des höheren Preises stark zurück, deshalb hat er es wieder ausgelistet“, erinnert sich Julia Schmidt. Mittlerweile hätten sich die Zeiten geändert. „Heute erwarten die Kunden so etwas vom Fleischerhandwerk.“ Schmidt sieht ihre Zielgruppe in Verbrauchern, die nicht täglich Fleisch essen wollen, aber bereit sind, für nachhaltige Qualität aus artgerechter und transparenter Aufzucht mehr zu bezahlen. Mit diesem Konzept hat die Fleischerei Schmidt nach kritischen Zeiten ihren Turnaround geschafft und ist seit mehreren Jahren erfolgreich.

Mitarbeiter der Fleischerei Schmidt bedienen und beraten die Kunden

© Reinhard Rosendahl

„Butcheria“ im neuen Stil

Erst vor Kurzem hat die Fleischerei die jüngste ihrer mittlerweile acht Filialen eröffnet: die „Butcheria“ in Essen-Holsterhausen. Schon der Name Butcheria macht klar, dass hier neue Wege gegangen werden. Bei der Einrichtung dominiert eine klare, schlichte Linie mit viel Holz, die großzügige Theke nimmt die ganze Länge des Ladens ist. Wie in den anderen Filialen beinhaltet sie vorwiegend Produkte aus eigener Produktion.
Regionale Aufschnittware und andere Wurstspezialitäten wie etwa verschiedene Streichwürste sind ebenso vertreten wie ein hochwertiges Steak- und Grillsortiment. Bei den Kunden beliebt ist das frische Mett, das es zusätzlich in einer pikant gewürzten Version als Jägermett gibt: „Dafür sind wir in ganz Essen bekannt.“ Verschiedene Schinken ­– einige dazugekauft, einige aus eigener Herstellung – vervollständigen das Sortiment. „Wir machen Schinken, wie er früher war“, sagt Julia Schmidt und deutet auf den Knappenschinken. Die Spezialität ist sechs Monate gereift, luftgetrocknet und wird nur einmal kurz angeräuchert.

Fleischauslage und Verkaufstresen in moderner Optik bei der Fleischerei Schmidt

© Reinhard Rosendahl

New Cuts für Grillbegeisterte

Mit Roastbeef und Ribeye, die im Dry-Aged-Verfahren gereift werden, schneidet die Fleischermeisterin auf Wunsch auch die neuen Cuts wie Flank Steak oder Flat Iron zu. Ribeye in Dry-Aged-Qualität habe sie überhaupt erst auf Vorschlag eines Kunden ins Angebot genommen, so Schmidt. „Ich habe viele Kunden, die am Grill sehr engagiert sind und viel ausprobieren. Bei speziellen Wünschen bitten wir um ein bisschen Geduld – das Fleisch muss ja reifen – und dann können wir ihnen das gewünschte Stück anbieten.“ Durch die Grillbegeisterung habe sich der Absatz von Rindfleisch auf das ganze Jahr ausgeweitet, früher sei es eher auf die kühlen Jahreszeiten beschränkt gewesen. „Gegrillt wurde vorwiegend Schweinefleisch. Heute hat sich das total geändert.“

Zugeschnitte Fleischstücke liegen in der Auslage der Metzgerei Schmidt

© Reinhard Rosendahl

Spezialität „Krayer Krüstchen“

Für die Grillsaison bietet die Fleischerei neben den gefragten Rinder-Cuts in Dry-Aged-Qualität natürlich auch Bratwürste, zum Beispiel eine Variante mit Zitronennote, die sich im Geschmack wie auch in der Größe (140 Gramm) von üblichen Angeboten differenziert. Beliebt sind zudem die marinierten und vorgegarten Schweinerippchen und die ebenfalls vorgegarten Minigrillhaxen, beide sind auf dem Grill in Kürze verzehrfertig.  Genau wie die „Krayer Krüstchen“: Sie werden aus dem Schweineschinken geschnitten, auf dem Grill gelingen sie butterzart.

Präsentation der Wurstwaren in der Verkaufstheke

© Reinhard Rosendahl

Convenience für die Kunden

Den Trend zur Convenience bedient die Fleischerei auch in der Butcheria mit Erfolg. In portionsgerechte Schlauchbeutel abgefüllt bieten verschiedene Eintopf- und Schmorgerichte hungrigen Kunden schnellen Genuss zum Mitnehmen. Mit einer Produktionsmenge von jeweils rund 200 Kilogramm werden sie in der Küche frisch gekocht und abgefüllt beziehungsweise auch in Dosen eingekocht. Der Kunde braucht sie nur noch zu erwärmen.  Ein Angebot von selbst hergestellten Salaten zielt ebenfalls auf To-go-Kunden, und natürlich fehlt auch nicht eine große Schale mit der im Ruhrgebiet so beliebten Currywurst. Die Bratwurst mit der frisch gekochten Currysauce steht auch vakuumiert im Portionsbeutel zur Verfügung. Heiß machen, ein Bröchen dazu – fertig ist der heiße Imbiss.

Jeden Tag gibt es zudem ein Mittagsgericht zum Mitnehmen oder für den Verzehr vor Ort an einer kleinen Theke. Auch andere Imbissartikel werden auf Wunsch heiß gemacht. In einer der anderen Filialen, berichtet Julia Schmidt, gebe es ein reiches Mittagstischangebot mit einer großen Auswahl an Fleisch, Gemüse und Beilagen. „Die Angebote richten sich nach Lage und der Größe der Filialen“, erklärt Verkaufsleiterin Kathrin Velten. In einer der Filialen herrsche zum Beispiel eine besonders rege Nachfrage nach Frühstücksangeboten – bis zu 150 frisch und ganz individuell nach jeweiligen Wünschen belegte Brötchen gehen hier täglich über die Theke.

Verschiedene Wurstspezialitäten liegen in der Auslage der Fleischerei Schmidt

© Reinhard Rosendahl

Butcheria als Modell

„Wir haben die Butcheria  nach unseren Vorstellungen ausgesucht und eingerichtet“, sagt Kathrin Velten, Verkaufsleiterin im Unternehmen und Schwester von Julia Schmidt. Sie spricht damit etwas an, was die beiden Schwestern am liebsten tun: gemeinsam etwas planen. Das Geschäft ist sozusagen ein Modell für weitere Filialen, die nach und nach ebenfalls in Butcheria umgetauft und entsprechend gebrandet werden sollen. Irgendwann, so hofft die Chefin, wird es auch eine einheitiche Optik geben und schränkt ein: „Bei so vielen Filialen bedeutet eine solche Vereinheitlichung natürlich eine große Investition.“

Fertige Salate sowie warme Gerichte und Wurst in der Auslage der Metzgerei Schmidt

© Reinhard Rosendahl

Mit allem vertraut

Bei Julia Schmidt laufen alle Fäden des Unternehmens zusammen. Als ausgebildete Fleischermeisterin kümmert sie sich nicht nur um Organisation, Management und Marketing, sondern auch um die Produktion, und sie springt überall ein, wo Not am Mann ist. Neben ihrer Schwester, die ihre langjährigen Erfahrungen als Hotelfachfrau auch in ihre Aufgabe als Verkaufsleiterin mit einbringt, sorgen 40 Mitarbeiter dafür, dass alles rund läuft. Fast alle arbeiten in Vollzeit in dem Familienbetrieb und sind schon lange mit dabei. Fünf Auszubildende komplettieren das Team der Fleischerei Schmidt. „Wir hätten gern mehr“, sagt Julia Schmidt, aber das sei bekanntermaßen nicht so einfach. „Viele haben Vorstellungen, die nicht wirklich realistisch sind“, weiß sie. „Allerdings haben wir gute Erfahrungen mit Quereinsteigern gemacht. Die kommen zumeist über unsere Homepage.“

Drei Mitarbeiter der Fleischerei Schmidt stehen in Arbeitskleidung hinter dem Tresen

© Reinhard Rosendahl

Wurst und Fleisch für Kitas und Schulen

Zur Fleischzerlegung und der Produktion von Wurst- und Fleischwaren kommt ein umfangreicher Partyservice, mit dem die Fleischerei Schmidt seit Februar 2018 unter der Marke JS Catering ihren Kunden perfekten Genuss bieten will. Das Angebot reicht von fein bis herzhaft, von der Vorspeise bis zum Dessert und zum Käse, umfasst warme Fleischgereichte und deftige Spezialitäten genauso wie kalte Platten und besticht zudem mit einem großen Angebot an kreativem Fingerfood.

Zu den Kunden gehören mittlerweile auch Großverbraucher, die Wurst und Aufschnitt, Hackbraten oder andere vorgegarte Hackfleischprodukte und ähnliches beziehen. Zum Beispiel ein Unternehmen, das Kindergärten und Schulen mit Mittagessen beliefert und auf das Unternehmen zugekommen war, weil es sein Angebot verbessern wollte. „Immer mehr Eltern scheinen beim Essen der Kinder auf Qualität, Nachhaltigkeit und Transparenz  Wert zu legen“, hat Julia Schmidt erkannt.

In Scheiben geschnittene Cabanossis angerichtet auf einem Edelstahl-Tablett bei der Fleischerei Schmidt

© Reinhard Rosendahl

Holly-Wurst – Leckerei für den Hund

Ein ungewöhnliches Angebot in den Filialen der Fleischerei Schmidt ist zudem die Holly-Wurst. Das „Leckerchen“ für Hunde hat Julia Schmidt selbst entwickelt und nach ihrem eigenen Hund benannt. Die Wurst wird auch bei warmen Temperaturen nicht weich, klebt nicht und die Hunde brauchen kein zusätzliches Wasser wie bei den üblichen Trockenprodukten. „Mittlerweile ist die Holly-Wurst in ganz Essen bekannt. Und selbst darüber hinaus: Wir verkaufen sie online, wir verkaufen sie in einem Hofladen, wir verkaufen in der Hundeschule“, erzählt die Erfinderin.

 

Weitere Filialen geplant

Die Entwicklung der Fleischerei Schmidt geht weiter. Nach der Eröffnung der achten Filiale stehen Nummer neun und zehn schon in den Startlöchern, angepeilt sind mindestens 14 Filialen. Auch der Webshop soll ein neues Gesicht bekommen und erfolgreich gemacht werden. „Hätten wir uns nicht an die neuen Zeiten angepasst, sondern im alten Trott weitergemacht, würde es uns wohl nicht mehr geben“, ist Julia Schmidt überzeugt. „Wer überleben will, muss etwas Besonderes bieten. Wir setzen auf Expansion. Und auf unser Konzept von Qualität und nachvollziehbarer Transparenz.“

Selbsthergestellte Konserven mit Eintöpfen und Ähnlichem stehen in der Fleischerei Schmidt zum Verkauf

© Reinhard Rosendahl

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